Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Teilnahmemöglichkeit. Mindestbeteiligung. Gesamtunternehmen. Zweigunternehmen im Ausland. Fußballturnier

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Beteiligungsquote von 10 - 12 % der Gesamtbelegschaft an einem Fußballturnier, das von der Leitung eines Unternehmens mit Werken in mehreren Ländern Europas ins Leben gerufen worden ist, ist zwar gering, jedoch noch nicht als offensichtliches Missverhältnis zu werten, das eine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung ausschließen würde.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 08.11.2005 sowie der Bescheid vom 20.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2005 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfall des Klägers am 07.02.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob es sich bei dem Unfall des Klägers am 07.02.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Der 1969 geborene Kläger ist bei der Firma D. GmbH im Zweigbetrieb P. in N. beschäftigt. Die Firma D. hatte im Jahr 2004 insgesamt 4.750 Mitarbeiter an 20 Standorten. Am 07.02.2004 fand in Heusenstamm/Offenbach das 3. Europäische D.-Fußballturnier statt, an dem insgesamt 15 Werke teilnahmen. In den teilnehmenden Werken waren zum damaligen Zeitpunkt insgesamt 4.183 Mitarbeiter beschäftigt. Aus jedem Werk kamen 10 Spieler, zusätzlich ein bis zwei Betreuer sowie jeweils zwischen einer bis drei Personen aus dem Management (Werksleiter, Produktionsleiter, Personalleiter). Zusätzlich waren insgesamt 325 Schlachtenbummler für die Abendveranstaltung angemeldet. Auch an den vorherigen Turnieren nahmen jeweils zwischen 13 und 15 Mannschaften teil. Am Freitag, dem 06.02.2004, reisten die Mannschaften an. Die Schlachtenbummler trafen erst am Folgetag in Heusenstamm ein. Das Turnier dauerte von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr, um 20.00 Uhr fand die Siegerehrung statt mit anschließendem gemeinsamem Abendessen. Die Zuschauer begaben sich gegen 23.30 Uhr auf den Heimweg, die Mannschaften reisten am Sonntag (08.02.2004) nach dem Frühstück ab. Die Fahrt nach Heusenstamm, die Verpflegung in der Sporthalle sowie das Abendessen waren für alle Fans kostenlos.

Das Fußballturnier wurde von einem ehemaligen Geschäftsführer der Firma D. ins Leben gerufen. Mit der Veranstaltung sollte die Mitarbeitermotivation verbessert werden. Die Mitarbeiter sollten sehen und erleben, dass die Unternehmensleitung, die persönlich bei dem Turnier anwesend war, nicht nur geschäftliche Ziele verfolgt, sondern auch ein hohes Interesse an zufriedenen Mitarbeitern hat. Im Rahmen des Turniers wollte man den Werken die Gelegenheit geben, sich im sportlichen Wettkampf zu messen. Zusätzlich sollten die Mitarbeiter sehen, dass die Firma D. international tätig ist, da ja auch die Werke aus Belgien und England zu den Turnieren kamen. So sollten die Mitarbeiter ein greifbares Gefühl für die Größe und Internationalität des Unternehmens erhalten.

Aus dem N.er Werk, in dem insgesamt 510 Mitarbeiter beschäftigt waren, fuhren 25 Schlachtenbummler zum Turnier.

Der Kläger nahm als Spieler an dem Turnier teil. Ein regelmäßiges Training fand vorher nicht statt. Auch fanden außer dem Turnier keine weiteren Wettkämpfe/-spiele statt. Während eines Spiels zog sich der Kläger eine erhebliche Verletzung am Sprunggelenk des rechten Fußes zu.

Mit Bescheid vom 20.12.2004 stellte die Berufsgenossenschaft (im Folgenden: BG), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, fest, dass ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht vorliegt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine sportliche Betätigung im Rahmen eines versicherten Betriebssports habe nicht vorgelegen, da es an der regelmäßigen Ausübung des Fußballspielens (mindestens einmalige sportliche Betätigung pro Monat) gefehlt habe. Unabhängig davon sei die Art der Durchführung der Fußballspiele als Turnier mit Gruppenspielen, Zwischen- und Endrunden nicht mehr davon geprägt gewesen, einen Ausgleich für die Betriebstätigkeit darzustellen. Es habe sich vielmehr um einen sportlichen Wettkampf gehandelt, der bei der Veranstaltung als einziger Programmpunkt im Vordergrund gestanden habe. Auch habe kein Versicherungsschutz im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung bestanden. Von den 580 Beschäftigten des Betriebes in N. hätten lediglich 10 Mitarbeiter als Spieler und 25 Mitarbeiter als Zuschauer am Fußballturnier teilgenommen. Wegen dieses offensichtlichen Missverhältnisses zwischen der Zahl der Betriebsangehörigen und den Teilnehmern fehle es an dem für eine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung unabdingbaren Kriterium, dass die Förderung der Betriebsgemeinschaft das Ziel der Veranstaltung gewesen sei. Ferner habe das Fußballturnier auch desh...

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