Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 09.10.1997; Aktenzeichen S 8 Vg 235/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 09. Oktober 1997 sowie der Bescheid des Beklagten vom 29. Januar 1997 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Beigeladenen die durch die Gewalttat am 27. Juni 1996 erlittenen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen mit einem Anspruch auf Heilbehandlung nach dem Opferentschädigungsgesetz anzuerkennen.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen für die vorbezeichnete Heilbehandlung zu ersetzen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen in beiden Rechtszügen zu erstatten; im übrigen findet keine Kostenerstattung statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die klagende … verlangt vom beklagten Saarland einen Ersatz von 11.226,56 DM für die stationäre Heilbehandlung des bei ihr versicherten Beigeladenen in der Zeit vom 27. Juni bis 10. Juli 1996.

Der am … geborene Beigeladene hatte sich am Nachmittag des 26. Juni 1996 in den Saaranlagen in … aufgehalten, wo er mit einigen Bekannten Bier und Wein trank. Möglicherweise konsumierte er dort auch Drogen. Gegen 23 Uhr begab er sich auf den Weg nach Hause, entschloß sich jedoch unterwegs, noch zum Bürgerhaus in … zu gehen, wo er noch Leute anzutreffen hoffte. Dort angekommen, bemerkte er drei Männer, die oben an einem Geländer der Außenterrasse des zweiten Stocks standen, und begab sich zu ihnen. Er begann ein Gespräch mit ihnen und trank auch von dem ihm angebotenen Bier. Nach einiger Zeit ging einer der Männer weg. Nach den Angaben des Beigeladenen im polizeilichen Ermittlungsverfahren begann er, der Beigeladene, während der Unterhaltung über einen gemeinsamen Bekannten zu lachen, woraufhin einer der ihm namentlich nicht bekannten Männer wütend wurde und nach der Erinnerung des Beigeladenen ihm mit Wucht eine Bierflasche ans linke Ohr schlug, die dabei zerbrach und Schnittverletzungen am Ohr verursachte. Der Aufforderung des Beigeladenen, damit aufzuhören, kam der Mann nicht nach. Dieser setzte seinen Angriff fort und schlug dem Beigeladenen einen Bierkasten mit leeren und vollen Flaschen über den Kopf. Daraufhin brach der Beigeladene zusammen und ihm wurde schwarz vor Augen. Mit einer Glasscherbe wurden ihm noch weitere Schnittverletzungen am ganzen Körper und auch im Gesicht zugefügt.

Am 27. Juni 1996 informierte ein anonymer Anrufer gegen 3.50 Uhr die Polizeiinspektion Saarbrücken-West darüber, daß auf einem Balkon am Bürgerhaus Burbach eine Person zusammengeschlagen werde. Als die Polizeibeamten am Tatort eintrafen, konnten sie zwei Personen, darunter eine Frau, flüchten sehen. Diese Personen konnten nicht festgehalten werden. Der Notarzt stellte folgende Verletzungen fest: Platzwunde auf dem Schädel (mittig), beide Ohrmuscheln durchtrennt sowie diverse Schnittverletzungen am gesamten Kopf, insbesondere im Gesicht. Vom 27. Juni 1996 bis zum 10. Juli 1996 befand sich der Beigeladene in stationärer Behandlung im …-Krankenhaus … Als Diagnose wurde dort ein Mittelgesichtstrauma mit multiplen Platzwunden, eine Nasenbeintrümmerfraktur, eine Septumfraktur sowie ein OT-Hämatom links festgehalten. Die Täter konnten nicht ermittelt werden. Die Klägerin beziffert die Höhe ihrer gegenüber dem Beigeladenen erbrachten Aufwendungen wie folgt:

1.

Kosten der stationären Behandlung in der …-Klinik Saarbrücken vom 27. Juni bis 10. Juli 1996

10.394,55 DM

2.

Krankentransportkosten am 27. Juni 1996

736,– DM

3.

Versorgung mit Schienen

96,01 DM

11.226,56 DM

Mit Schreiben vom 02. September 1996 übersandte die Klägerin dem Beklagten den am 22. Juli 1996 bei ihr gestellten Antrag des Beigeladenen auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Opfer von Gewalttaten (OEG). Gleichzeitig bat die Klägerin um die Übersendung einer Durchschrift des an den Antragsteller gerichteten Bescheides sowie um ihre Hinzuziehung als Beteiligte gemäß § 12 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) und meldete vorsorglich ihren möglichen Erstattungsanspruch dem Grunde nach an.

Nach Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft teilte der Beklagte dem Beigeladenen durch Bescheid vom 29. Januar 1997 mit, er habe wegen der erlittenen Gesundheitsstörungen keinen Anspruch auf Versorgung nach den Bestimmungen des OEG in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Der Klägerin wurde eine Durchschrift des Bescheides übersandt, die dort am 11. Februar 1997 einging.

Der Beigeladene hat die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht angefochten.

Am 17. März 1997 hat die Klägerin Klage erhoben und die Erstattung der ihr durch die Heilbehandlung des Beigeladenen entstandenen Kosten begehrt. Sie hat vorgetragen, der Beigeladene sei Opfer einer Gewalttat geworden, deren Folgen nach den gesetzlichen Regelungen des OEG in Verbindung mit dem BVG zu entschädigen seien. Als Trägerin der Krankenversicherung des Beigeladenen habe sie einen Anspruch auf Erstatt...

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