Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Folgen eines Arbeitsunfalls. Haftungsausfüllende Kausalität. Bandscheibenvorfall. Vorschaden
Leitsatz (redaktionell)
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls scheidet aus, wenn ein Gesundheitsschaden nicht wesentlich auf einem Unfallereignis beruht, sondern auf eine Vorschädigung zurückzuführen ist.
Normenkette
SGB VII § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 10.04.2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beim Kläger aufgetretenen Gesundheitsschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie deren Folgen auf einen Arbeitsunfall am 23.04.1997 zurückzuführen sind.
Der 1960 geborene Kläger war von 1976 bis 1980 als Müllwerker tätig. Von 1981 bis zu seinem Arbeitsunfall am 23.04.1997 arbeitete er als Forstwirt bei den Saarbergwerken (jetzt: Deutsche Steinkohle AG - DSK).
Bereits am 28.02.1994 erfolgte eine ärztliche Anzeige von Dr. K., Knappschaftsklinik P., an die Beklagte über eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 (Wirbelsäulenbeschwerden) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV). Laut ärztlichem Bericht klagte der Kläger wegen des schweren Hebens und Tragens in seiner beruflichen Tätigkeit über starke Beschwerden in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung ins rechte Bein. Seit Januar 1994 hätten sich die Beschwerden in der Lendenwirbelsäule (LWS) akut verstärkt. Als Vorerkrankungen wurden kleinere Arbeitsunfälle ohne Rentenleistung angegeben. Der beigefügte radiologische Befund vom 29.12.1993 lautete: rechts medio-lateraler Bandscheibenvorfall L5/S1 mit möglicher Tangierung von S1 beidseits. Nach einer daraufhin angeforderten Auskunft bei der Krankenkasse des Klägers (Bundesknappschaft), aus der mehrere Erkrankungen von Juli 1988 bis Dezember 1993 wegen Lumboischialgien ersichtlich sind, holte die Beklagte einen Befundbericht von Prof. Dr. D., orthopädische Klinik des Knappschafts-Krankenhauses P., erstattet am 09.05.1994, ein. Daraus geht hervor, dass der Kläger wegen eines Bandscheibenvorfalls L5/S1 links medio lateral mit deutlichen Spondylarthrosen im März 1994 in stationärer Behandlung gewesen war. In dem Befundbericht ist u.a. ausgeführt, dass der Kläger seit Monaten Kreuzschmerzen, ausstrahlend ins linke Bein, mit gelegentlichem Einknicken des linken Fußes, habe. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 27.10.1994 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der BKV mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen ab.
Am 23.04.1997 erlitt der Kläger während der Arbeit einen Unfall. Laut Bericht des Durchgangsarztes Prof. Dr. Si. vom selben Tag rutschte der Kläger beim Anpflanzen aus und verletzte sich am linken Becken. Er erlitt dadurch kleine Prellmarken über dem Trochanter major mit leichtem Druckschmerz. Es wurden ein positiver Lasegue linksseitig bei 60 Grad und abgeschwächte Sensibilität an der linken unteren Extremität sowie ein heftiger Druckschmerz paravertebral L5/S1 und L4/L5 festgestellt. Das Röntgenergebnis lautete: Spondylarthrose im Bereich L5/S1 und unauffälliger Trochanter major links. Diagnostiziert wurde eine leichte Beckenprellung. Als vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderung wurde ein Bandscheibenvorfall linksseitig L5/S1 mit Schmerzverstärkung nach dem Sturz festgestellt. Aus einem neurologischen Befundbericht vom 09.05.1997 (Chefarzt Dr. J.) geht hervor, dass der Kläger eigenen Angaben zufolge bereits seit Dezember 1993 starke lumboischialgieforme Beschwerden links gehabt habe und noch nie beschwerdefrei gewesen sei.
In der Folge wurde der Kläger mehrfach stationär behandelt. Am 15.05.1997 wurde in der Knappschaftsklinik in P. eine mikrochirurgische Nukleotomie L5/S1 links durchgeführt und am 03.06.1997 eine Spinaloskopie sowie eine endoskopisch intraforaminale Nukleotomie L5/S1 links. Aus einem Arztbrief von Prof. Dr. D. vom 24.06.1997 ergibt sich, dass seit drei Jahren Bandscheibenvorfälle L4/5 und L5/S1 bekannt seien. Vom 10.07. bis 14.08.1997 nahm der Kläger an einer Rehabilitationsmaßnahme in der Pfalz-Klinik in B. teil. Am 22.9.1997 wurde er, nach Einlage eines Periduralkatheders zur konservativen Schmerztherapie an den Universitätskliniken in H. mikrochirurgisch operiert (Arthrektomie). Im hierzu erstellten Arztbericht vom 30.10.1997 führte Prof. Dr. St. aus, dass dem Unfall vom 23.4.1997 zumindest die Funktion der richtunggebenden Verschlimmerung zukomme. In diesem Bericht wurde ausgeführt, bei dem Kläger habe ein chronisches Lumbalsyndrom vorgelegen, ohne dass bisher ein Bandscheibenvorfall manifest gewesen sei. Am 22.12.1997 wurde erneut eine Periduralanästhesie durchgeführt.
Mit Schreiben vom 24.11.1997 teilte die Beklagte der Bundesknappschaft mit, dass sie die Arbeitsunfähigkeit vom 23.04. bis 28.05.1997 als Folge des Arbeitsunfalls vom 23.04.1997 anerkenne u...