Leitsatz (amtlich)

Eine besondere Härte iS des § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 ist anzunehmen, wenn eine Ausbildung im Jahr 2004 in Kenntnis der Bundesagentur für Arbeit begonnen wurde, schon fortgeschritten ist und die Vermittlungsaussichten verbessert.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 18. November 2005 geändert und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin vom 29. September 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005 insofern angeordnet, als der Bescheid auch die darlehnsweise Weitergewährung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen hat. Des Weiteren wird die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller über den 30. November 2005 hinaus vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darlehnsweise zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. 

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern die Kosten ihrer Rechtsverfolgung zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers vom 15. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 18. November 2005, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist auch weitgehend begründet.

Die Gewährung des vom Antragsteller begehrten vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Weiterzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) über den 31. Oktober 2005 hinaus zu verpflichten, richtet sich für die Zeit vom 1. bis 30. November 2005 nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, darüber hinaus nach § 86b Abs. 2 SGG.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller durch Bescheid vom 4. August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zum 30. November 2005 bewilligt und diese Bewilligung durch Bescheid vom 29. September 2005 mit Wirkung vom 1. November 2005 aufgehoben. Vorläufiger Rechtsschutz gegen diese Maßnahme kann der Antragsteller, da Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 39 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) keine aufschiebende Wirkung haben, nur in der Form der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines vom Antragsteller gegen den Aufhebungsbescheid eingelegten Rechtsmittels gewährt werden. Für eine solche Anordnung war hier insofern Raum, als der Antragsteller nach der Zurückweisung seines Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 Anfechtungsklage erhoben hat. Sein am 8. November 2005 – also innerhalb der Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage – zu Protokoll der Antragsstelle des SG erklärtes Ersuchen um gerichtliche Überprüfung beinhaltet nicht nur den dort ausdrücklich angesprochenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, sondern – was das SG bisher übersehen hat – auch die Erhebung einer Klage gegen den von ihm vorgelegten Aufhebungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005.

Das Gericht der Hauptsache kann in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage – wie hier gemäß § 39 SGB II die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung des Alg II mit Wirkung zum 1. November 2005 – keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Im Rahmen der gebotenen Abwägung des Interesses des Antragstellers am Fortbestand der Bewilligung mit dem Interesse der Antragsgegnerin an ihrer Rücknahme (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (ML/K/L), SGG 8. Auflage, § 86b Rdnr. 12) ist vordringlich auf die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Rücknahme der Bewilligung abzustellen. Diese beurteilt der Senat anders als das SG positiv. Die Antragsgegnerin hat die zuletzt durch Bescheid vom 4. August 2005 vorgenommene Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu Unrecht ohne Einschränkung mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben. Gerechtfertigt war lediglich eine teilweise Aufhebung insofern, als die Leistungen als Zuschuss, nicht als Darlehen gewährt worden waren, bzw. eine entsprechende Änderung des Bewilligungsbescheides; denn nur insofern war diese Bewilligung rechtswidrig.

Der 1967 in L./Peru geborene Antragsteller hat als Auszubildender, dessen Ausbildung an der Staatlichen Fremdsprachenschule in Hamburg – der Besuch der Zweijährigen Berufsfachschule für die kaufmännische Assistenz, Fachrichtung Fremdsprachen - gemäß § 2 Abs. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II. Dass er tatsächlich keine Förderung nach dem BAföG erfährt,...

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