Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. abstrakte Förderungsfähigkeit. besonderer Härtefall. Zusicherung

 

Orientierungssatz

1. Auch wenn ein ausländischer Student tatsächlich keine Ausbildungsförderung erhält, weil er die in § 8 BAföG geforderten ausländer- bzw aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Ausbildung gem § 2 BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sein, so dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 greift.

2. Zu den Voraussetzungen eines besonderen Härtefalls nach § 7 Abs 5 S 2 SGB 2.

3. Selbst wenn man die Auffassung vertritt, die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien hinsichtlich der erwerbsfähigen Hilfeempfänger Funktionsnachfolger der bisher für Ansprüche nach dem BSHG zuständigen Sozialhilfeträger und an Zusagen über die weitere Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt gebunden (vgl LSG Darmstadt vom 11.8.2005 - L 9 AS 14/05 ER = NDV-RD 2005, 102), so erstreckt sich doch die Bindungswirkung der Zusicherung nicht auf die Bewilligung der Leistung in Form eines Zuschusses, soweit wie hier die Leistung ab 1.1.2005 nach § 7 Abs 5 SGB 2 nur noch als Darlehen gewährt gewährt werden kann. Nach § 34 Abs 3 SGB 10 ist die Behörde an eine Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragsteller vom 29. August 2005 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 24. August 2005, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist auch weitgehend begründet. Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass der von den Antragstellern begehrte vorläufige Rechtsschutz mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Weiterzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) über den 30. September 2005 hinaus zu verpflichten, in der Form der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Aufhebungsbescheide vom 4. August 2005 in der Fassung der Entziehungsbescheide vom 23. August 2005 in Betracht kommt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG käme nur in Betracht, wenn es um die Verpflichtung zur Weitergewährung des Arbeitslosengeldes II über eine mit der ursprünglichen Bewilligung ausgesprochene Befristung hinausginge. Eine solche Befristung liegt hier nicht vor. Auch wenn die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. August 2005 Arbeitslosengeld II befristet bis zum 31. August 2005 bewilligt hat, beinhaltet doch die von der Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 4. August, 16. August und 23. August 2005 getroffene Regelung insgesamt eine vorzeitige Beendigung der ursprünglich bis zum 31. Oktober 2005 bzw. 30. November 2005 befristeten Bewilligung, d. h. eine Aufhebung der Bewilligung nicht schon ab dem 1. August 2005, sondern (erst) ab dem 1. September 2005.

Das Gericht der Hauptsache kann in den Fällen, in denen der Widerspruch - wie hier gemäß § 39 SGB II der Widerspruch der Antragsteller gegen die Entziehung des Alg II - keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Im Rahmen der gebotenen Abwägung des Interesses der Antragsteller am Fortbestand der Bewilligung mit dem Interesse der Antragsgegnerin an ihrer Rücknahme (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (ML/K/L), SGG 8. Auflage, § 86b Rdnr. 12) ist vordringlich auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller gegen die Rücknahme der Bewilligung abzustellen. Diese beurteilt der Senat anders als das SG durchaus positiv. Der am X..X. 1984 in K./Afghanistan geborene Antragsteller und die am X..X 1983 ebenda geborene Antragstellerin hatten als Auszubildende, deren Ausbildungen - im Falle des Antragstellers ein im Wintersemester 2004 begonnenes Studium an der Technischen Universität (TU) Hamburg-Harburg im sechs Semester umfassenden Bachelor-Studiengang Informationstechnologie mit dem Abschluss "Bachelor of Science", im Falle der Antragstellerin ein im Sommersemester 2003 begonnenes Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW) in Hamburg im acht Semester umfassenden Diplom-Studiengang Informations- und Elektrotechnik - gemäß § 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sind, gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II. Dass ihr Studium tatsächlich nicht nach dem BAföG gefördert wurde und wird, weil sie als Staatsangehörige von Afghanistan mit der bis zum 29. Juni 2005 geltenden Aufenthaltsbefugnis und der am 2...

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