Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Klage gegen das von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger erteilte Hausverbot. Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht
Orientierungssatz
Für den Streit um die Rechtmäßigkeit eines Hausverbots, das von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger erlassen wurde, ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit eröffnet (entgegen BSG vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R = SozR 4-1500 § 51 Nr 6).
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 21. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat notwendige außergerichtliche Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts vom 21. Juni 2013 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Die Beschwerde ist statthaft nach § 17a Abs. 4 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 202 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 172 SGG. Nach § 17a Abs. 4 Satz 3, Abs. 2 GVG ist gegen einen Beschluss, mit dem das Gericht die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ausspricht und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges verweist, die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Da das SGG die in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG genannte sofortige Beschwerde nicht kennt, tritt an deren Stelle die Beschwerde nach § 172 SGG (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.2.2007, L 23 B 260/06 SO).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat sich zu Recht für unzuständig erklärt und die Verweisung an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht ausgesprochen. Der entgegenstehenden Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 1.4.2009, B 14 SF 1/08 R) schließt sich der Senat nicht an (Beschlüsse des Senats vom 31.7.2012, L 4 AS 246/12 B ER, und vom 3.6.2013, L 4 AS 16/13 B ER).
Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dass es sich bei der vorliegenden Klage um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne dieser Vorschrift handelt, ist nicht streitig und auch nicht zu bezweifeln. Eine abdrängende Sonderzuweisung, die die Zuständigkeit des Sozialgerichts begründen könnte, findet sich nicht. Insbesondere greift § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG, wonach die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden, nicht als abdrängende Sonderzuweisung ein. § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG erstreckt sich - ebenso wie die anderen Tatbestände des Zuständigkeitskataloges - nicht auch auf Streitigkeiten um das Hausrecht in den Gebäuden und sonstigen Liegenschaften der Sozialleistungsträger (so bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.3.2007, L 16 B 3/07 SF; zum Arbeitsamt: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.2.1998, 25 E 960/97; für Hausverbote in Liegenschaften des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus der Zeit nach dem Beschluss des BSG vom 1.4.2009 auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.5.2011, 16 E 174/11; VG Neustadt a.d.W., Beschluss vom 23.2.2010, 4 L 103/10.NW; VG Berlin, Beschluss vom 21.4.2010, 34 K 147.09, und Urteil vom 15.03.2010, 34 K 78.09; VG Hamburg, Beschluss vom 15.12.2011, 5 E 2409/11; zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für Hausverbote in Finanzämtern: FG Münster, Beschluss vom 30.8.2010, 14 K 3004/10). § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG ist einschlägig, wenn das streitige Begehren seine Grundlage im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) findet. Lässt sich dies nicht klar ermitteln, ist danach zu fragen, ob das Begehren in engem sachlichen Zusammenhang zur Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB II steht (BSG, Urteil vom 15.12.2009, B 1 AS 1/08 KL: Haftung des Landes Berlin für von den ARGEn in Berlin angewandte gesetzwidrige Verwaltungsvorschriften). Für die übrigen Tatbestände des § 51 Abs. 1 SGG - von denen allerdings keiner näher in Betracht kommt - gilt entsprechendes.
Seine Grundlage findet das Begehren des Klägers - oder umgekehrt das Handeln des Beklagten - weder im SGB II noch andernorts im Sozialgesetzbuch. Zwar dürfte sich aus dem Grundsatz der Verwirklichung sozialer Rechte (§ 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch, SGB I) und den diesen Grundsatz umsetzenden allgemeinen Vorschriften über den Zugang zu Sozialleistungen (§§ 13 ff. SGB I; vgl. auch § 93 Viertes Buch Sozialgesetzbuch, SGB IV) unproblematisch auch ein Anspruch auf ungehinderten Zugang zu den Behörden der Sozialleistungsträger ergeben. Eine positiv-rechtliche Ausformung erfährt das Hausrecht der Leistungsträger allerdings nicht...