Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Hamburg vom 1.11.2012 - L 1 KR 106/11, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Der 1961 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte R.S. wurde am 3. Juni 2010 um 18.45 Uhr in einer von der Klägerin betriebenen Klinik (Klinikum K.) als Notfall aufgenommen und am Folgetag um 17.30 Uhr regulär entlassen. In den von der Klägerin an die Beklagte nach § 301 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übermittelten Daten wurden als Aufnahme- und Entlassungsdiagnose eine instabile Angina pectoris (ICD I20.0) genannt. Als Nebendiagnosen bei der Entlassung wurde außerdem eine hypertensive Herzkrankheit ohne kongestive Herzinsuffizienz - mit Angabe einer hypertensiven Krise - (ICD I11.91) angegeben.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Rechnung vom 15. Juni 2011 einen Betrag in Höhe von EUR 1.109,42 für eine vollstationäre Behandlung des Versicherten. Die Beklagte verweigerte die Begleichung der Rechnung mit der Begründung, es habe keine vollstationäre, sondern lediglich eine ambulante Behandlung vorgelegen, da die Versicherte nicht mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verweilt habe. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) wurde nicht eingeschaltet.
Die Klägerin hat am 8. April 2011 Klage auf Zahlung des Rechnungsbetrages nebst Zinsen erhoben. Sie trägt vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe zwar ausgeführt, dass eine stationäre Behandlung vorliege, wenn der Patient vor oder nach dem Eingriff eine Nacht im Krankenhaus verbringe, von einer starren Mindestfrist von 24 Stunden sei indes keine Rede gewesen. Im Übrigen sei mittlerweile die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c SGB V abgelaufen, sodass die Beklagte keine Einwendungen mehr vorbringen könne, die einer Überprüfung durch den MDK zugänglich wären.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, eine Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung könne nur anhand der tatsächlichen Aufenthaltsdauer des Versicherten erfolgen. Dementsprechend habe das BSG festgestellt, dass der Patient bei der vollstationären Versorgung zeitlich ununterbrochen, also Tag und Nacht, im Krankenhaus untergebracht sein müsse. Dies könne bei herkömmlicher Betrachtungsweise nur so verstanden werden, dass eine Aufenthaltsdauer von mindestens 24 Stunden erforderlich sei. Da somit keine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege und im Übrigen nur eine Rechtsfrage streitig sei, entfalle die Pflicht zur Prüfung durch den MDK nach § 275 Abs. 1c SGB V.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 24. Oktober 2011 - dem Bevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 27. Oktober 2011 - stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Prüfung, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung stattgefunden habe, sei eine Rechtsfrage und daher nicht durch § 275 Abs. 1c SGB V ausgeschlossen, dessen Präklusionswirkung lediglich die Sachverhaltsermittlung betreffe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine stationäre Behandlung schon deshalb nicht stattgefunden habe, weil sich der Versicherte nicht mindestens 24 Stunden im Krankenhaus aufgehalten habe. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive ärztliche Betreuung oder die Pflege mit jederzeit verfügbarem Pflegepersonal in Anspruch genommen worden sei, was hier der Fall gewesen sei. Der Versicherte habe nämlich bei seinem Eintreffen von heftigen pectanginösen Beschwerden berichtet. Somit habe Handlungsbedarf im Sinne einer Abklärung bestanden, ob eine tendenziell lebensbedrohliche Herzerkrankung vorgelegen habe. Im Übrigen greife bei der Prüfung der Erforderlichkeit der stationären Behandlung die Ausschlusswirkung des § 275 Abs. 1c SGB V zugunsten der Klägerin ein.
Die Beklagte hat dagegen am 24. November 2011 Berufung eingelegt und trägt vor, die vom Sozialgericht herangezogenen Abgrenzungskriterien seien nicht überzeugend. So habe das BSG bereits entschieden, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege, wenn der Versicherte mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe. Hierunter seien mindestens 24 Stunden zu verstehen, da keine andere Auslegung ein handhabbares Ergebnis bringe. Die vom BSG anerkannten Ausnahmetatbestände (abgebrochene stationäre Behandlung, Behandlung auf der Intensivstation) seien vorliegend nicht gegeben. Der Patient habe vielmehr das Krankenhaus vor Ablauf von 24 Stunden planmäßig verlassen. Es habe auch keine grundsätzlich akut lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, welche ein sofortiges Eingreifen von Spezialisten erfordert hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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