Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit und Geeignetheit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode als Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruchs des Versicherten gegenüber dessen Krankenkasse - Prostatakarzinom

 

Orientierungssatz

1. Der Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB 5 setzt einen Primärleistungsanspruch voraus. Maßgeblich ist, ob der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der beantragten Leistung einen Anspruch auf die Sachleistung gehabt hätte.

2. Die Prostataspezifisches Membranantigen-Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode zur Sicherung eines Prostata-Carzinoms mit Ausnahme der in Anlage I Nr. 14 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.

3. Ein Versorgungsanspruch unter den Voraussetzungen eines Systemversagens oder eines Seltenheitsfalls besteht nicht.

4. Ein Leistungsanspruch aufgrund des Vorliegens einer notstandsähnlichen Krankheitssituation entsprechend § 2 Abs. 1a SGB 5 ist ausgeschlossen, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt mit der Magnetresonanztomographie (MRT) eine dem medizinischen Standard entsprechende Untersuchungsmethode zum Primärstaging zur Verfügung gestanden hat.

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1747,13 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Kostenerstattung für die Durchführung einer ambulanten PSMA-PET/CT (Prostataspezifisches Membranantigen-Positronen-Emissions-Tomographie/Com-putertomographie) bei ihrem verstorbenen Ehemann.

Die Klägerin ist als alleinige Erbin Rechtsnachfolgerin des am ... 1940 geborenen und am ... 2017 verstorbenen R.W. (im Folgenden: Versicherter). Dieser war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei dem Versicherten wurde Anfang Oktober 2014 durch eine Stanzbiopsie bei seinem niedergelassenen Urologen ein Prostatakarzinom (Gleason 6) nachgewiesen. Am 30. Oktober 2014 erfolgten bei ihm Staging-Untersuchungen mittels CT und Skelettszintigraphie, die keinen Nachweis von Metastasen ergaben. Der Versicherte entschied sich vor diesem Hintergrund, eine Lokaltherapie in Gestalt einer Protonen-Strahlentherapie durchzuführen und wandte sich diesbezüglich an das R. Protonentherapiezentrum in M.. Dort wurde am 12. November 2014 die Durchführung der Behandlung in Aussicht gestellt und eine Ergänzung des Stagings durch die PSMA-PET/CT empfohlen.

Am 14. November 2014, einem Freitag, beantragte der Versicherte daraufhin bei der Beklagten zunächst telefonisch die Übernahme der Kosten für eine PSMA-PET/CT und erklärte in diesem Zusammenhang, dass er die Untersuchung am folgenden Dienstag durchführen lassen könne. Seitens der Beklagten wurde ihm daraufhin mitgeteilt, dass eine Überprüfung bis zum Dienstag nicht möglich sei. Allerdings sicherte die Beklagte zu, dass sie den Antrag auch im Nachhinein prüfen werde. Im Nachgang zu diesem Telefonat ging bei der Beklagten ein Schreiben der Praxis B2 (Nuklearmedizin S.) vom 17. November 2014 nebst Kostenvoranschlag ein, wonach durch die PET/CT die Frage beantwortet werden solle, ob ein lokal fortgeschrittenes Prostata-Karzinom (kurativ behandelbar) oder eine systemische Erkrankung (nicht kurativ behandelbar) vorliege. Die Gesamtkosten hierfür würden sich auf 1.747,13 Euro belaufen.

Die Beklagte beauftragte daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. mit der Erstellung eines Gutachtens und teilte dem Versicherten mit Schreiben vom 18. November 2014 mit, dass sie die Unterlagen zur Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen an den MDK weitergeleitet habe.

Ebenfalls am 18. November 2014 ließ der Versicherte die PET/CT-Untersuchung durchführen. Hierfür stellte die Praxis für Nuklearmedizin S. dem Versicherten Kosten in Höhe von 1.747,13 Euro in Rechnung, die er im Folgenden (am 1. Dezember 2014) auch bezahlte. Den entsprechenden Arztbericht der Praxis für Nuklearmedizin S. übersandte der Versicherte am 18. November 2014 per Fax an die Beklagte. Darin wurde mitgeteilt, dass der Befund passend zu einem (stanzbioptisch gesicherten) PSMA-positiven Prostata-Karzinom in beiden Prostatalappen ohne Anhalt für eine lymphogene - insbesondere nicht in den Beckenlymphknoten -, ossäre, pulmonale oder hepatische Filialisierung sei. Es bestünden optimale Voraussetzungen für eine kurativ intendierte Protonentherapie.

Der Gutachter des MDK N. Dr. Z. kam im Folgenden mit Gutachten vom 20. November 2014 zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht erfüllt seien. Das Gallium 68 PSMA-PET/CT zum Primärstaging bei Prostatakarzinom stelle eine neue Behandlungsmethode dar, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bisher noch keine Stellungnahme nach § 135 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) abgegeben habe. Eine Kostenübernahme sei auch unter ...

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