Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf höhere Regelbedarfsleistungen bzw. auf Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung
Orientierungssatz
1. Der Gesetzgeber hat den Pauschalbetrag für die einem Hilfebedürftigen zu gewährende Leistung der Grundsicherung in § 20 Abs. 2 S. 1 SGB 2 festgelegt. Das Gericht ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an das Gesetz gebunden.
2. Mit der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB 2 steht dem Hilfebedürftigen für sein Begehren auf bestimmte Mehrleistungen gegenüber dem Regelbedarf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zur Verfügung. Diese gilt aber nicht für geltend gemachte Heil- und Hilfsmittel bei Rücken- und Gliederschmerzen, Hautsalben, Schneiderarbeiten und die Anerkennung eines Mehrbedarfs für die Nutzung einer kommerziellen Fitnessanlage.
3. Ein anzuerkennender Mehrbedarf muss um einen über den durchschnittlichen, durch den Regelbedarf abgesicherten, Bedarf hinausgehen.
4. Eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 oder ein arterieller Bluthochdruck begründen keinen Anspruch auf Anerkennung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB 2 wegen kostenaufwändiger Ernährung.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung höherer monatlicher Regelbedarfsleistungen und Mehrbedarfe für Krankenkost und weitere laufende Aufwendungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2012.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. In dem betreffenden Zeitraum war er erwerbsfähig und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Mit zwei Bescheiden vom 24. Mai 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger neben Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 431,23 EUR für die Monate Juli 2012 bis Dezember 2012 und von Januar 2013 bis Juni 2013 monatliche Regelbedarfsleistungen in Höhe von jeweils 374,- EUR. Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 7. Juni 2012 Widerspruch. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2012 zurück. Zur Begründung gab er an, dass die bewilligten Regelleistungen der derzeitigen Gesetzeslage entsprächen.
Bezogen auf sein Begehren zur Erhöhung der Regelbedarfsleistungen hat der Kläger am 19. Juli 2012 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat ausgeführt, dass die Regelsatzhöhe insbesondere für dauerhafte Transferleistungsbezieher zu gering sei. Sie müsse mindestens 511,- EUR monatlich betragen. Die Höhe der Regelbedarfsleistungen und deren Ermittlungsgrundlagen sei mit den Grundsätzen der Völkerrechtskonventionen, insbesondere den Menschenrechten und den Rechten für Behinderte nicht vereinbar.
Mit Änderungsbescheid vom 3. September 2012 setzte der Beklagte den Regelbedarf für den Kläger neu fest und hob ihn auf 374 EUR monatlich an.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Oktober 2012 (S 61 AS 2279/12) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte den Regelsatz für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 zu Recht auf monatlich 374,- EUR festgesetzt habe. Die neuen Regelbedarfe seien durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) festgelegt worden. An diese Vorschrift sei das Gericht gebunden. Es könne das Gesetz nur dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Dafür müsse es von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung überzeugt sein. Für eine Verfassungswidrigkeit des neuen Regelbedarfsgesetzes gebe es aber keine Anhaltspunkte. Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende sei vom Gesetzgeber für die Zeit ab 1. Juli 2011 in nicht verfassungswidriger Weise zu niedrig angesetzt worden. Die einschlägigen Bestimmungen in §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II seien mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar. Die im Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 (S 5 AS 9238/12) vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Das Gericht schließe sich vielmehr in vollem Umfang den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R). Auch bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dauerhafte Transferleistungsbezieher einen höheren Bedarf hätten, als nur vorrübergehend im Leistungsbezug stehende Personen.
Gegen den ihm am 22. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. November 2012 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein auf einen höheren Regelbedarf gerichtetes Leistungsbegehren weiter und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor, dass bei ihm ein höherer Regelbedarf bestehe, weil er sonst nicht alle seine laufenden Kosten wie Vereins- und Versicherungsbeiträge und Aufwendungen für Heil-...