Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des für einen selbständig tätigen Hilfebedürftigen anzurechnenden Einkommens bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für einen selbständig tätigen Hilfebedürftigen richtet sich dessen Einkommensermittlung nach den §§ 11 ff. SGB 2 i. V. m. § 3 Alg2-VO. Danach sind für die Berechnung von Einkommen aus selbständiger Arbeit die Betriebseinnahmen, welche im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen, und die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben gegenüberzustellen.

2. Eine Aufteilung des erzielten Einkommens auf sechs Monate entspricht der Regelung in § 3 Abs. 4 S. 1 Alg2-VO a. F. . Grundsätzlich ist eine jährliche Aufteilung nicht angezeigt.

 

Normenkette

SGB II §§ 11, 11b Abs. 2 S. 1 Nr. 6, Abs. 3, § 40 Abs. 2 Nr. 1; Alg II-VO § 3 Abs. 1-2; Alg II-VO a.F. § 3 Abs. 4 S. 1, § 4 S. 1; SGB III § 328 Abs. 3 S. 2

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Oktober 2016 wird wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 10. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2014 und der Änderungsbescheide vom 19. Dezember 2014 und 2. Januar 2015 verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.041,99 Euro zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der dem Kläger im Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 30. Oktober 2013 zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1956 geborene, erwerbsfähige Kläger bezieht seit Oktober 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 15. November 2012 hin, auf dem der Kläger bei der Frage, ob er eine selbständige Tätigkeit ausübe sowohl "Ja" als auch "Nein" angekreuzt hatte, bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Januar 2013 in Höhe von 1.130,77 Euro für Dezember 2012 und 1.149,32 Euro für Januar 2013. Darin waren neben dem Regelbedarf und den Unterkunftskosten Zuschüsse nach § 26 SGB II zur Kranken- und Pflegeversicherung enthalten. Einkommen wurde nicht angerechnet. Der Kläger erhob keinen Widerspruch gegen diesen Bescheid.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 30. April 2013 in Höhe von monatlich 1.149,32 Euro. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, es müssten höhere Stromkosten berücksichtigt werden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2013 zurück, der dem Kläger am 23. April 2013 zuging.

Für den Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. April 2013 vorläufig Leistungen, wiederum in Höhe von monatlich 1.149,32 Euro. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, es müssten höhere Stromkosten berücksichtigt werden.

Am 22. Mai 2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben (S 14 AS 1596/13), mit der er sich gegen die Bescheide vom 20. Dezember 2012, 1. Februar 2013 und 9. April 2013 gewandt und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2012 die Übernahme der gesamten tatsächlichen Stromkosten durch den Beklagten begehrt hat. Außerdem hat er beantragt, die Bundesagentur für Arbeit (die ehemalige Beklagte zu 2.) dazu zu verurteilen, den Jobcentern in Deutschland Anweisungen hinsichtlich der Stromkosten im Regelbedarf zu erteilen sowie dem Gesetzgeber und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales konkrete Vorschläge zur zukünftigen Anpassung der Regelbedarfe an die gestiegenen Stromkosten zu unterbreiten. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Strompreis sei in den letzten Jahren stark gestiegen. Dies sei bei den Anpassungen des Regelsatzes nicht ausreichend berücksichtigt worden. Trotz sparsamen Verbrauchsverhaltens könne er seine tatsächlichen Stromkosten nicht aus dem Regelbedarf decken.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2013 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 9. April 2013 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2014 hat der Kläger seine Klage um einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung in Höhe von 13,74 Euro gegen den Beklagten erweitert.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 12. April 2014 zugestellt, am 8. Mai 2014 hat er Berufung erhoben (L 4 AS 155/14).

Bereits am 10. März 2014 hat der Beklagte - nachdem er zuvor umfangreich Auskünfte und Nachweise des Klägers zu dessen Einkünften aus seiner selbständigen Tätigkeit als Handwerker/Haus...

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