Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnungsprüfung. Fallzusammenführung. Aufwandspauschale
Orientierungssatz
Aufgrund der besonderen rechtlichen Verknüpfung der Abrechnungen im Fall einer Fallzusammenführung ist mit der im Hinblick auf eine angenommene Fallzusammengehörigkeit beauftragten Überprüfung der Abrechnung für den ersten Aufenthalt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen zugleich die Abrechnung für den zweiten Aufenthalt zur Überprüfung gestellt, was einen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5 zur Folge hat.
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts verurteilt, an die Klägerin 100,- EUR Zinsen nebst Verzugszinsen in Höhe von 5% p.a. seit dem 7. August 2008 sowie weitere 46,41 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Prüfung einer Fallzusammenführung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für geleistete Behandlungen der Klägerin neben der bereits erstatteten eine weitere Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Höhe von 100,- EUR zu zahlen ist.
Die bei der Beklagten versicherte H.S. wurde in der Zeit vom 15.9.2007 bis zum 25.9.2007 sowie vom 27.9.2007 bis zum 10.10.2007 im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür zwei Behandlungsfälle in Rechnung; die erste Rechnung datiert vom 28. September 2007 über 9.193,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610361934//92400512. Die zweite datiert vom 17. Oktober 2007 über 3.873,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610364058//92420792.
Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK zu der Frage ein, ob eine Fallzusammenführung gegeben sei. In der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakte der Beklagten findet sich ein Formularschreiben ohne Datum (es findet sich am Ende des Formulars im Feld "Datum, Unterschrift, Stempel MDK" nur ein unleserlicher Stempel mit einer Unterschrift - wohl des MDK-Mitarbeiters - und der alleine leserlichen Jahreszahl 2007) mit der Angabe der zum ersten Aufenthalt gehörenden Aufnahme-Nummer (1610361934), welches als Auftraggeber die Beklagte bezeichnet. In der Rubrik der Falldaten wurde maschinenschriftlich eingetragen: "Aufnahme am: 15.09.07 Entlassung am: 25.09.07". Handschriftlich ist der zweite Aufenthaltszeitraum der Versicherten unter die Daten des ersten Aufenthalts hinzugefügt worden ("Aufnahme am: 27.09.07 Entlassung am: 10.10.07"). Im Feld "Fragestellung der Kasse:" erscheint der handschriftliche Eintrag: "Fallzus.-führung?". Nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats handelt es sich hierbei um die Prüfungsmitteilung des MDK an die Klägerin. Der Prüfauftrag der Beklagten an den MDK findet sich nicht in den Akten und ist nach Angabe der Beklagten auch bei ihr nicht - mehr - vorhanden.
Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 14.12.2007 fest, dass die beiden Aufenthalte der Versicherten nicht zusammenzufassen seien und sich deshalb keine Verringerung der Rechnungsbeträge ergebe. Die Beklagte beglich daraufhin die beiden Rechnungen, zahlte, nachdem die Klägerin eine Aufwandspauschale je Aufenthalt und Abrechnungsvorgang in Rechnung gestellt hatte, jedoch nur eine Aufwandspauschale.
Mit der am 12. April 2011 erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Zahlung einer zweiten Aufwandspauschale. Zur Begründung führte sie aus, es seien zwei Abrechnungsfälle geprüft worden, die jeweils zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hätten. Die Auslegung, dass eine Aufwandspauschale für jeden einzelnen Behandlungsfall und nicht für jeden Prüfanlass zu zahlen sei, ergebe sich aus dem Gesetzeszweck des Bürokratieabbaus. Sie entspreche auch dem Aufwand der Klägerin, die jeweils zwei Vorgänge aus dem Archiv holen und gegebenenfalls verschiedene Ärzte aus verschiedenen Abteilungen zu dem Prüfauftrag heranziehen müsse. Aus dem Sinn einer Pauschale sei ersichtlich, dass sie unabhängig vom tatsächlich anfallenden Verwaltungsaufwand zu zahlen sei.
Die Beklagte erwiderte darauf, sie sei der Auffassung, dass die Aufwandspauschale nur einmal anfalle, weil der MDK nur einen Prüfauftrag erteilt habe; für die Frage der Fallzusammenführung seien die Behandlungsunterlagen für den zweiten Aufenthalt lediglich herangezogen worden. Des Weiteren verwies sie auf die - ihre Auffassung stützenden - Urteilsgründe des Sozialgerichts Augsburg in dessen Urteil vom 10.2.2011 zum Aktenzeichen S 10 KR 167/10.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. März 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c S...