Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung. Aortenklappenstenose bei angeborener bikuspider Aortenklappe
Orientierungssatz
Zur Kodierung einer Aortenklappenstenose bei angeborener bikuspider Aortenklappe.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Vergütung wegen stationärer Krankenhausbehandlung und dabei die Frage der Kodierung einer Aortenklappenstenose bei angeborener bikuspider Aortenklappe.
Bei der 1958 geborenen, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten C.I. (im Folgenden: Versicherte) lag eine angeborene bikuspide Aortenklappe vor. Die Aortenklappe (Valva aortae) ist eine der vier Herzklappen. Sie liegt in der Aorta direkt an deren Ursprung aus der linken Herzkammer und verhindert den Rückfluss des Blutes zu Beginn der Erschlaffungsphase (Diastole) des Herzens. Normalerweise besteht die Aortenklappe aus drei taschenförmigen Segeln. Bei einer bikuspiden Aortenklappe sind nur zwei taschenförmige Segel angelegt.
Die Versicherte wurde am 8. Januar 2015 wegen einer hochgradigen Aortenklappenstenose mit Verdacht auf bikuspide Aortenklappe in einem von der Klägerin betriebenen, zugelassenen (§ 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫) Krankenhaus aufgenommen. Die Versicherte klagte über eine zunehmende Belastungsdyspnoe. Echokardiographisch zeigte sich eine hochgradige Aortenklappenstenose mit einer Klappenöffnungsfläche von ca. 0,8 Quadratzentimetern bei biskupid angelegter Aortenklappe. Am 13. Januar 2015 wurde bei der Versicherten operativ eine Myokardrevaskularisation (operative Verbesserung der Blutversorgung des Herzmuskels bei Koronarinsuffizienz) sowie die Implantation einer Mitroflow Bioklappe durchgeführt. Am 23. Januar 2015 wurde die Versicherte aus der stationären Behandlung entlassen.
Die Beklagte beglich die Rechnung über die Behandlung in Höhe von 17.777,40 Euro (Fallpauschale Diagnosis Related Group ≪DRG≫ F03E ≪Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen-Maschine, ohne kompliz. Konstellation, ohne Eingriff in tiefer Hypothermie, Alter ≫ 15 Jahre, mit Zweifacheingr. oder kompl. Eingriff oder bei Endokarditis oder bei angeborenem Herzfehler≫ mit einem Kostengewicht von 5,653; als Hauptdiagnose wurde der Kode nach ICD-10 GM Q23.0 ≪Angeborene Aortenklappenstenose≫ angegeben) zunächst, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) M. mit der Überprüfung der DRG und der Hauptdiagnose.
Die Gutachterin Dr. G. kam unter dem 21. April 2015 zu dem Ergebnis, dass Anlass der stationären Aufnahme das Vorliegen einer mittel- bis hochgradigen Aortenklappenstenose gewesen sei. Das Vorliegen einer angeborenen Aortenklappenstenose sei nicht dokumentiert. Die in der Regel trikuspid angelegte Aortenklappe weise bei der Patientin eine anatomische Besonderheit auf, indem lediglich zwei Taschen (bikuspid) von Geburt an angelegt seien. Sofern in der Kindheit Symptome aufträten, würden derartige Befunde zu einer Aortenklappeninsuffizienz und dem ICD-10-Kode Q23.1 neigen. Hier habe sich im Verlauf des Lebens eine Klappenring- und Taschenverkalkung, die zur Operation geführt habe, entwickelt. Unabhängig von den anatomischen Besonderheiten sei die daraus resultierende Aortenklappenstenose mit dem ICD-10-Kode I35.0 anzugeben. Daraus resultiere die DRG F03F (Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen-Maschine, ohne komplizierende Konstellation, ohne Eingriff in tiefer Hypothermie, ohne Dreifach-/Zweifacheingriff, außer bei angeborenem Herzfehler, ohne komplexen Eingriff, außer bei Endokarditis, Alter ≫ 15 Jahre) mit einem Kostengewicht von 4,82.
Am 5. Mai 2015 nahm die Beklagte einen Abzug von dem Rechnungsbetrag in Höhe von 2617,54 Euro vor und verrechnete den ihrer Meinung nach bestehenden Rückforderungsanspruch mit unstreitigen Behandlungskosten in einem anderen Behandlungsfall.
Am 26. August 2016 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben. Unter der Überschrift „I35.- Nichtrheumatische Aortenklappenkrankheiten“ werde unter anderem das Exklusivum „Als angeboren bezeichnet (Q23.0, Q23.1, Q23.4-Q23.9)“ aufgeführt. Unter der „Q23.1 Angeborene Aortenklappeninsuffizienz“ finde sich ausdrücklich die bikuspidale Aortenklappe. Genau diese habe bei der Versicherten vorgelegen. Die Hauptdiagnose könne nicht die I35.0 sein, sondern zu kodieren sei die Q23.1 (was zur selben DRG führt wie die ursprünglich kodierte Diagnose Q23.0).
Die Beklagte hat demgegenüber auf weitere Stellungnahmen des MDK vom 16. Dezember 2016 und 17. Mai 2017 (Gutachterin jeweils: Dr. G.) verwiesen, wonach unabhängig von den anatomischen Besonderheiten als Hauptdiagnose die I35.0 (Aortenklappenstenose) anzugeben sei, da Anlass der stationären Aufnahme eine degenerative Aortenklappenstenose gewesen sei, die auch die Indikation zum Aortenklap...