Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Anerkennung einer Beitragszeit

 

Orientierungssatz

1. Bei der Anerkennung einer Beitragszeit nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB 6 sind die Merkmale der Ausübung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit einerseits sowie die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hierauf andererseits untereinander nicht verknüpft und demnach getrennt voneinander zu prüfende Tatbestandsmerkmale.

2. Kann der Versicherte keinerlei Unterlagen hierzu vorlegen und sind weder beim Rentenversicherungsträger noch bei der Krankenkasse als Einzugsstelle die geltend gemachten Zeiten gespeichert, so ist eine Anerkennung ausgeschlossen.

3. Unter diesen Voraussetzungen ist sowohl eine Vermutung nach § 199 S. 1 SGB 6 als auch eine Glaubhaftmachung nach § 203 SGB 6 ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.12.2019; Aktenzeichen B 13 R 259/19 B)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Beitragszeit zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Im Rahmen eines im September 2010 eingeleiteten Kontenklärungsverfahrens begehrte der 1959 geborene Kläger die Anerkennung einer Beschäftigungszeit bei der D. AG im ersten Quartal des Jahres 1978. Nachdem die Beklagte hierfür Nachweise angefordert hatte, teilte der Kläger unter dem 20. Oktober 2010 mit, dass er diese nachreichen werde, wegen des lange zurück liegenden Zeitraums aber erst recherchieren müsse. Die Beklagte informierte ihn darüber, dass sie sich für die nachzureichenden Unterlagen einen Wiedervorlagetermin am 20. Dezember 2010 vermerkt habe. Hierauf erfolgte keine weitere Reaktion des Klägers.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2011 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten bis zum 31. Dezember 2004 verbindlich fest. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, er müsse für die mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Zeiträume noch Auskünfte des damaligen Arbeitgebers einholen. Nach zweimaligen Bitten um Fristverlängerung teilte er unter dem 28. Dezember 2011 mit, dass er weiter auf Informationen der Personalabteilung der D. AG warte. Im Juli 2012 bat er erneut um Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2012.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe seinen Widerspruch trotz der mehr als großzügig gewährten Fristverlängerung nicht begründet. Aufgrund der bekannten Sachlage sei der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.

Mit seiner am 23. April 2013 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe in der Zeit zwischen Abitur und Studium vom 9. Januar bis 3. Februar 1978 als Brandwache für die Deutsche D. AG in deren Raffinerie im Hamburger Hafen insgesamt 122 Stunden gearbeitet. Der Stundenlohn habe 11,86 DM (brutto) betragen, das Bruttomonatsgehalt ca. 1.800 DM, bestehend aus dem Gehalt in Höhe von 1.446,92 DM und anteiligem Urlaubsentgelt bzw. Urlaubsabgeltung. Eine entsprechende Abrechnung habe er damals von der D. AG erhalten, bisher allerdings noch nicht wieder aufgefunden. Auf seine mehrfachen Anfragen habe die Deutsche D. AG schließlich mitgeteilt, dass für sie keine Möglichkeit mehr bestehe, diese Zeiten nachzuweisen. Der Kläger hat sodann Kopien seines Kalenders aus dem Jahr 1978 zur Verfügung gestellt, in dem sich im streitigen Zeitraum verschiedene handschriftliche Eintragungen befinden, wie der Eintrag A.-Bus D.- N.B." sowie verschiedene Zahlen und Berechnungen, die nach Angaben des Klägers die geleisteten Stunden und die Berechnung des Gesamtlohns darstellen sollen. Am Ende des Kalenders befindet sich ferner der Entwurf eines Briefes des Klägers an seine Großmutter, in dem dieser über einen Arbeitstag bei D. am 25. Januar 1978 berichtet. Der Kläger hat des Weiteren seine Mutter sowie den damaligen Abteilungsleiter bei der D. AG, O.L., dessen Anschrift jedoch nicht ermittelt werden konnte, als Zeugen benannt. Er hat schließlich angegeben, dass er während der Beschäftigung bei der Ersatzkasse krankenversichert gewesen sei, die jedoch auf die Anfrage des Sozialgerichts mitgeteilt hat, über keine Unterlagen mehr für den streitigen Zeitraum zu verfügen.

Nach einem Hinweis des Sozialgerichts auf die voraussichtlich fehlende Erfolgsaussicht der Klage hat der Kläger mehrfach um Fristverlängerung gebeten und schließlich mitgeteilt, die entsprechenden Lohnabrechnungen nicht mehr finden zu können. Er sei aber bereit, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Nach einem weiteren gerichtlichen Hinweis auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Klage hat der Kläger erneut dreimal um Fristverlängerung gebeten, da er nun doch in der Lage sei, nach der seinerzeitigen Lohnabrechnung zu suchen. Es bestehe noch die Möglichkeit, dass sich die Unterlagen im Keller seines ehemaligen Wohnhauses befänden, aus dem er Ende 2014 infolge der Trennung von seiner Ehefrau ausgezogen sei. Bis zu einer rechtskräftigen...

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