Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes. Zurückweisung wegen Verspätung

 

Orientierungssatz

1. Wird ein Antrag nach § 109 SGG trotz Hinweises, daß eine (weitere) Beweisaufnahme von Amts wegen nicht beabsichtigt ist, nicht innerhalb einer angemessenen Frist, die nach der Rechtsprechung den Zeitraum von etwa 4 (vgl LSG Darmstadt vom 4.7.1979 - L-3/U-889/77 = SozSich 80, 28) jedenfalls aber 6 Wochen (vgl BSG vom 10.12.1958 - 4 RJ 143/58 = Breithaupt 1959, S 770) umfaßt, gestellt, so kann der Antrag als verspätet nach § 109 Abs 2 SGG zurückgewiesen werden.

2. Eine Hinweispflicht des Gerichts auf die Möglichkeit, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen, besteht grundsätzlich nicht.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Wirbelsäulenleiden der Klägerin als Berufskrankheit (BK) der Nr. 70 der Liste der Berufskrankheiten der ehemaligen DDR anzuerkennen und durch Zahlung einer Verletztenrente zu entschädigen ist.

Die ... 1936 geborene Klägerin absolvierte von Oktober 1952 bis Januar 1953 eine Ausbildung zur Hilfsschwester im Krankenhaus P am See. Von Februar 1953 bis Januar 1954 war sie als Hilfsschwester in der Inneren Abteilung der Krankenanstalten P eingesetzt. Von Februar 1954 bis Januar 1955 absolvierte die Klägerin ein Fachschulstudium an der Medizinischen Hochschule R. Von Februar 1955 bis Januar 1956 arbeitete die Klägerin als Praktikantin und war im Anschluß daran von Februar 1956 bis Dezember 1958 als Krankenschwester in der Universitätsklinik R eingesetzt. Von Januar 1959 bis Juni 1960 war die Klägerin als Krankenschwester in der Betriebspoliklinik der N Werft tätig. Von September 1961 bis August 1965 war die Klägerin als Krankenschwester auf der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses R eingesetzt. Vom 01. November 1966 bis zum 31. Dezember 1991 arbeitete die Klägerin als Krankenschwester im Bezirkskrankenhaus W. Seit dem 01. Januar 1992 war die Klägerin arbeitslos und bezog Altersübergangsgeld vom Arbeitsamt.

Mit am 29. Dezember 1993 bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin die Anerkennung ihres Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit, welches sie auf ihre Tätigkeit von 1952 bis 1991 als Krankenschwester im Gesundheitswesen zurückführte. Bereits 1975 sei sie aus gesundheitlichen Gründen in die ambulante Lungenfürsorge des Krankenhauses W umgesetzt worden und dort bis Dezember 1991 tätig gewesen, bis dieser Betriebsteil aufgelöst worden sei. Aus gesundheitlichen Gründen habe sie seit 1976 nur noch 33 Stunden in der Woche gearbeitet.

Nachdem die BGW den Vorgang an die Beklagte abgegeben hatte, erstattete der Orthopäde Dr. B mit Schreiben vom 22. Juni 1994 eine ärztliche Anzeige über eine BK. Die bei der Klägerin bestehende Degeneration der präsakralen Bandscheiben und die im Röntgenbild von 1992 sichtbare ausgeprägte Verschmälerung der Zwischenwirbelräume L5/S1 und eine beginnende degenerative Veränderung bei L2/3 würden von der Klägerin auf deren ständigen Hebe- und Tragebelastungen im täglichen Pflegedienst während ihrer Tätigkeit als Krankenschwester zurückgeführt.

Die Beklagte nahm den medizinischen Teil des Sozialversicherungsausweises der Klägerin (den Zeitraum von Oktober 1953 bis November 1990 betreffend) in Fotokopie zu den Akten und zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse der Klägerin bei. In dem ihr von der Beklagten zugesandten Fragebogen gab die Klägerin mit Datum vom 30. November 1994 unter anderem an, Rückenbeschwerden seien bei ihr erstmalig ca. 1970 aufgetreten. Sie habe sich deswegen von 1970 bis 1980 in ärztlicher Behandlung befunden. Ihre wirbelsäulengefährdende Tätigkeit habe sie am 30. September 1975 aufgegeben und sei ab dem 01. Oktober 1975 in der Abteilung Lungenfürsorge des Krankenhauses W eingesetzt worden.

Die Beklagte holte einen Befundbericht des Dr. B ein und ließ sich vom Gesundheitsamt der Hansestadt W die Krankenunterlagen der Klägerin übersenden. Desweiteren holte sie den Arztbericht des Prof. Dr. M von der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Universität R vom 08. Mai 1995 ein. Hierin hieß es, die Klägerin habe sich erstmalig unter der Diagnose Präsakralosteochondrose, Senk/Spreizfuß beiderseits am 16. März 1970 in der ambulanten Sprechstunde vorgestellt. Sie habe seit 1966 bestehende intermittierende Hexenschüsse angegeben, die im Januar 1967 besonders heftig gewesen seien. Trotz konservativer Behandlungen hätten die Beschwerden in der Folgezeit an Intensität zugenommen. Der damalige Befund habe eine allseitig frei bewegliche Wirbelsäule mit einem leichten Klopfschmerz am lumbosakralen Übergang ergeben. Es habe eine deutliche Muskelverspannung im LWS- und BWS-Bereich bestanden, die sich auch in Bauchlage nicht habe lösen lassen. Die Sensibilität sei ungestört gewesen, es habe sich keine Atrophie und kein Lasegue'sches Zeichen gefunden. Der Röntgenbefund der LWS habe gerade gute Bandscheibenräume ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?