Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übertragung der Aufgaben der Erstellung von Mahnungen und Einleitung der Zwangsvollstreckung auf die Bundesagentur für Arbeit. Wirksamkeit der vom Geschäftsführer des Jobcenters unterzeichneten Verwaltungsvereinbarung. konkludente Beschlussfassung der Trägerversammlung durch haushalterische Mittelbereitstellung. Befugnis der BA zur Festsetzung von Mahngebühren

 

Orientierungssatz

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist befugt Mahnungen zu erlassen und Mahngebühren festzusetzen, wenn der Geschäftsführer eines Jobcenters eine Verwaltungsvereinbarung zur Übertragung der Aufgaben des Forderungseinzugs auf die BA unterschrieben hat, nachdem die Trägerversammlung zuvor einen Beschluss über die haushalterische Bereitstellung der Haushaltsmittel für die Aufgabenübertragung gefasst hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.02.2018; Aktenzeichen B 14 AS 12/17 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 18. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3.Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beklagte befugt ist Mahngebühren für ausstehende Forderungen festzusetzen.

Die Klägerin wurde durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Jobcenters vom 21. Oktober 2009 und 15. März 2010 zur Erstattung von für den Monat November 2009 und die Zeiträume September bis Oktober 2008 sowie Juli bis August 2009 geleistetem Arbeitslosengeld II verpflichtet. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sind mittlerweile bestandskräftig. Die Höhe der Forderung belief sich zum 28. Februar 2013 auf 188,12 €.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2013 forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen noch offenen Betrag in Höhe von 186,92 € zu bezahlen. Gleichzeitig erklärt die Beklagte, dass gemäß § 19 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) Mahngebühren in Höhe von 1,20 € entstanden seien. Die Klägerin werde daher aufgefordert, den Betrag in Höhe von 188,12 € innerhalb von einer Woche zu überweisen.

Hiergegen legte die Klägerin mit anwaltlichem Computerfax vom 12. März 2013 Widerspruch ein. Die Beklagte sei nicht befugt Mahngebühren festzusetzen. Bei der Festsetzung der Mahngebühren handele es sich um eine Vollstreckungsangelegenheit, für welche ausschließlich diejenige Behörde zuständig sei, die den Verwaltungsakt erlassen habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Beklagte im Verwaltungsverfahren nicht tätig gewesen sei. Zwar könne gemäß § 44b SGB II das Jobcenter einzelne Aufgaben von einem Träger wahrnehmen lassen und diesem auch Teile seiner Aufgaben übertragen. Eine solche Übertragung sei vorliegend aber nicht wirksam geschehen. Aus dem Bescheid ergebe sich, dass die Beklagte lediglich mit dem Einzug der Forderungen beauftragt sei, nicht aber zur Festsetzung von Mahngebühren. Schließlich sei in dem Einzug von Forderungen ein schlichtes Verwaltungshandeln zu sehen, während der Erhebung von Mahngebühren Verwaltungsaktqualität zukomme.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Mai 2013 als unbegründet zurück. So sei der der Beklagten zuzuordnende Bereich Inkasso der Regionaldirektion N.-B. von dem Jobcenter U.-R. mit der Einziehung von Forderungen beauftragt worden. Grundlage der Forderung seien die bestandskräftigen Bescheide vom 21. Oktober 2009 und 15. März 2010, wobei die Forderung vollstreckbar sei. Eine Einzahlung durch die Klägerin sei nicht erfolgt, weshalb die Klägerin auf Grund der Vorschriften des VwVG vor Anordnung der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche gesondert zu mahnen gewesen sei. Für eine solche Mahnung falle gemäß § 19 Abs. 2 VwVG die Mahngebühr an, bei welcher es sich um ein nach festen Sätzen berechnetes Entgelt für eine Amtshandlung handeln würde. Sie sei zwingender Ausfluss der Erstellung einer Mahnung nach § 3 Abs. 3 VwVG.

Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Telefax vom 03. Juni 2013 Klage vor dem Sozialgericht Neubrandenburg erhoben. Zur Begründung hat sie erneut die bereits im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Argumente vorgetragen.

Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass sie - entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin - nach der seit dem 01. Januar 2011 geltenden Gesetzeslage auch zur Erhebung von Mahngebühren im Rechtskreis des SGB II berechtigt sei. Insoweit beinhalte die Aufgabenwahrnehmung sämtliche Aufgaben, die für die Durchführung eines Einziehungsverfahrens notwendig seien. Hierunter fielen auch Mahnungen einschließlich der Erhebung von Mahngebühren.

Das Sozialgericht hat am 18. Dezember 2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Mit Urteil vom gleichen Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In dem Urteil wird auf eine aus dem Verfahren S 1 AL 31/13 gerichtsbekannte Verwaltungsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer des Jobcenters U.-R. Bezug genommen. Der angegriff...

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