Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer. langjährige nichteheliche Lebensgemeinschaft. lebensbedrohliche Erkrankung. Liebesbeziehung. Heiratsabsichten
Orientierungssatz
Allein das Bestehen einer Liebesbeziehung und Äußerungen von Heiratsabsichten reichen nicht für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nach § 46 Abs 2a SGB 6 aus.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 25. April 2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtlich Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Anspruch der Klägerin auf Witwenrente wegen einer sogenannten Versorgungsehe ausgeschlossen ist.
Die am 26. September 1974 geborene Klägerin ist die Witwe des am 15. Juli 1969 geborenen E. L. (im Folgenden: Versicherter). Die Klägerin war mit dem Versicherten seit dem 12. August 2014 verheiratet, der Versicherte verstarb am 24. Oktober 2014. Die Klägerin lebte mit dem Versicherten seit April 1997 zusammen, sie haben drei gemeinsame Kinder, den Sohn T. S., geboren am 1. Juni 1995, einen weiteren Sohn D. S., geboren am 3. Februar 1997 und die Tochter A. S., geboren am 23. Juni 2004. Die Klägerin selbst bezieht seit 2013 eine Rente wegen Erwerbsminderung aus eigener Versicherung.
Am 29. Oktober 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente. Die Frage der Beklagten, ob der Versicherte plötzlich und unerwartet gestorben sei (zum Beispiel in Folge eines Arbeitsunfalls/Verkehrsunfall/Verbrechen) wurde seitens der Klägerin mit Nein beantwortet. Die Frage, ob die Heirat zur Sicherung der erforderlichen Betreuung/Pflege des ständig auf Pflege angewiesen Ehegatten erfolgt sei wurde bejaht. Ob die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten gewesen sei, wurde seitens der Klägerin dann mit Nein beantwortet.
Die Beklagte zog die Todesbescheinigung der H. Kliniken S., Klinik für Pneumologie, vom 24. Oktober 2014 bei. Hierin wird als Todesursache bei dem Versicherten eine respiratorische Insuffizienz, als Folge eines metastasierten Bronchialkarzinoms angegeben. Darüber hinaus hieß es unter der Rubrik „nähere Angaben zur Todesursache und zur Begleiterkrankungen (Epikrise)“, der Versicherte habe ein progredientes zentrales Adeno-Karzinom der Lunge mit Gefäßkompression, zerebraler Metastasierung und eine zudem respiratorische Insuffizienz bei zentralem Progress aufgewiesen, was zum Tod geführt habe. Darüber hinaus teilte das Standesamt der Hansestadt A-Stadt auf Anfrage der Beklagten unter dem 13. Mai 2014 mit, die Anmeldung der Eheschließung der Klägerin mit dem Versicherten sei am 29. Juli 2014 erfolgt. Die Eheschließung habe in den Räumen des Standesamtes A-Stadt stattgefunden. Die Klägerin habe bei der Anmeldung angegeben, dass der Versicherte, ihr Verlobter, schwer erkrankt sei.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Witwenrente ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI hätten Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwer- oder Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. In derartigen Fällen solle nach dem Willen des Gesetzgebers der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente ausgeschlossen sein, wenn es das Ziel der Eheschließung sei, eine Versorgung zu erlangen. Wegen der kurzen Ehedauer greife zunächst diese gesetzliche Vermutung, sie sei jedoch widerlegbar. Seitens der Klägerin seien keine besonderen Umstände benannt worden, die gegen die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sprächen.
Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, eine sog. Versorgungsehe sei nicht gegeben. Sie habe den Versicherten 1994 kennengelernt, 1996 hätten sie sich bereits das erste Mal verlobt. Die damals geplante Hochzeit sei wegen der Geburt des zweiten Kindes 1997 herausgeschoben worden. Dann habe es immer wieder finanzielle Gründe gegeben, die gegen die Hochzeit gesprochen hätten. 2004 sei das dritte gemeinsame Kind geboren worden, danach sei der Versicherte aufgrund einer Montagetätigkeit selten zu Hause gewesen. Die beiden hätten sich auseinandergelebt. Man habe sich jedoch wieder zusammengefunden. Wegen einer bei ihr vorliegender Erkrankungen sei die Hochzeit erneut weiter hinausgeschoben worden; am 26. September 2013 (ihrem Geburtstag) habe man sich erneut verlobt. Man habe sich entschieden, am 26. September 2014 zu heiraten. Hintergrund für dieses Datum sei der Umstand gewesen, dass sie an diesem Tag ihren 40. Geburtstag gehabt habe. Durch die geplante Doppelfeier soll...