Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserzeugung. Gasdurchlauferhitzer. Unmöglichkeit der Verbrauchserfassung bzw Ermittlung des Warmwasser- und Kochgasanteils. Übernahme der tatsächlichen Kosten abzüglich des Regelbedarfsanteils für Kochenergie. Angemessenheitsprüfung unter Heranziehung des Stromspiegels
Leitsatz (amtlich)
1. Können die tatsächlichen Kosten für eine mit dem Energieträger Gas vorgenommene dezentrale Warmwasserversorgung nicht ermittelt werden, weil über denselben Gaszähler das Gas abgerechnet wird, welches zum Kochen genutzt wird, sind zunächst die gesamten Kosten als Mehrbedarf nach § 21 Abs 7 SGB II zu behandeln und im Rahmen des Angemessenen zu übernehmen.
2. Die Angemessenheit eines Warmwassermehrbedarfs kann anhand des Stromspiegels für Deutschland überprüft werden. Für Fälle, in denen der Energieträger Gas zur Warmwasserbereitung genutzt wird, sind die im Stromspiegel genannten Werte aufgrund des geringeren Wirkungsgrades von Gasdurchlauferhitzern zu erhöhen.
3. Auch wenn der Anteil der Warmwasserbereitung nicht bestimmbar ist, muss sich der Leistungsberechtigte den in der Regelleistung enthaltenen Anteil für das Kochen entgegenhalten lassen, um eine Doppelleistung zu vermeiden, wobei bei einer Regelleistung von 391,00 € der Kochanteil 3,56 € beträgt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 14. Oktober 2015 dahingehend abgeändert, als dass der Beklagte verurteilt wird, der Klägerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 21. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2014 und des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2016 für den Zeitraum 01. Februar 2014 bis zum 31. Juli 2014 einen monatlichen Wassererwärmungsmehrbedarf i. H. v. 17,44 € zu gewähren und die monatliche Differenz zu der bisher gewährten Pauschale auszuzahlen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über die Frage, ob die Klägerin im Zeitraum Februar bis Juli 2014 einen über die in § 21 Abs. 7 SGB II genannten Beträge hinausgehenden Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen der in der von ihr bewohnten Mietwohnung dezentral erfolgenden Warmwasserversorgung hat.
Die alleinstehende, am 1951 geborene Klägerin stand bereits seit Juli 2009 im Leistungsbezug beim Beklagten. Während des hier streitigen Zeitraumes erzielte die Klägerin ein monatliches Einkommen i. H. v. 100,00 € aus einer Tätigkeit als Küchenhilfe.
Schon zum Zeitpunkt der Erstantragsstellung wie auch im hier streitigen Zeitraum bewohnte sie eine Mietwohnung im A-Straße in A-Stadt mit einer Größe von 58 qm. Die hierfür monatlich zu zahlende Gesamtmiete betrug im streitigen Zeitraum 324,96 € (222,12 € Grundmiete, 73,89 € für kalte Betriebskosten und 28,95 € Heizkosten).
In diesen Kosten sind die Kosten der Warmwasserbereitung nicht enthalten. Diese erfolgt dezentral über einen gasbetriebenen Durchlauferhitzer. Zudem verfügt die Klägerin über einen gasbetriebenen Herd. Das zum Kochen und zur Warmwasserbereitung verwendete Gas wird über denselben Zähler abgerechnet. Eine Einzelerfassung, wieviel Gas für das Kochen und wieviel Gas für die Warmwasserbereitung verwendet wird, findet nicht statt. Über die Gasversorgung hat die Klägerin einen Vertrag mit dem Gasversorger „eon edis“ geschlossen. In sämtlichen hier streitigen Monaten hatte die Klägerin für die Gasversorgung einen Abschlag i. H. v. 21,00 € zu zahlen.
Bereits bei Erstantragstellung belehrte der Beklagte die Klägerin darüber, dass die für die Wohnung zu entrichtenden Zahlungen aus seiner Sicht unangemessen seien, wobei die Klägerin mitteilte nicht gewillt zu sein die Kosten durch einen Umzug zu senken, woraufhin der Beklagte im Rahmen der Bewilligungsentscheidungen nur die aus seiner Sicht nach der jeweils gültigen Richtlinie des Landkreises für eine Person angemessene Bruttokaltmiete berücksichtigte.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 08. Januar 2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21. Januar 2014 für den Zeitraum Februar 2014 bis Juli 2014 monatliche Leistungen i. H. v. 687,14. Hierin enthalten waren ein Regelbedarf i. H. v. 391,00 € und ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung i. H. v. 8,99 €.
Hiergegen erhob die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Februar 2014 Widerspruch. Die Richtlinie des Landkreises beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept i. S. d. BSG-Rechtsprechung, weshalb die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen seien. Darüber hinaus sei der ausschließlich i. H. d. Pauschale des § 21 Abs. 7 SGB II gewährte Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserversorgung unzureichend.
Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 zurück. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden. Nach der gültigen Richtlinie des Landkreises zu den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung sei für eine Person eine maximal...