Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Verschuldenskosten. Auferlegung gegen den Prozessbevollmächtigten im Urteil. Beschwerdevoraussetzungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen einer Beschwerde eines Prozessbevollmächtigten gegen die ihm im Urteil des SG auferlegten Verschuldenskosten.

2. Im Rahmen des § 192 Abs 1 SGG können auch dem Vertreter oder Bevollmächtigten selbst die Verschuldenskosten auferlegt werden, die er durch schuldhaftes oder missbräuchliches Verhalten verursacht hat.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten.

Der Beschwerdeführer erhob am 17. August 2017 als Prozessbevollmächtigter der am F. geborenen Klägerin zu 1.) und des am G. geborenen Klägers zu 2.), des Sohnes der Klägerin zu 1.), beim Sozialgericht (SG) Braunschweig fristwahrend Klage (Aktenzeichen S 22 AS 1393/17) gegen einen Erstattungsbescheid des Jobcenters Braunschweig vom 20. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2017, mit dem das Jobcenter Braunschweig nur von der Klägerin zu 1.) die Erstattung eines Betrages in Höhe von 19,21 Euro geltend machte.

Dem Erstattungsbescheid lag der Änderungsbescheid vom 21. Juni 2013 zugrunde, in dem die den Klägern zunächst vorläufig bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Februar 2013 endgültig festgesetzt worden waren. Dabei hatte sich ergeben, dass der Klägerin zu 1.) 19,21 Euro zu viel vorläufig bewilligt worden waren. Der gegen diesen Änderungsbescheid eingelegte Widerspruch war am 10. Oktober 2013 vom Jobcenter Braunschweig als unzulässig verworfen worden. Das sich hieran anschließende Klageverfahren S 49 AS 62/14 hatte schließlich durch Klagerücknahme geendet, so dass der Änderungsbescheid vom 21. Juni 2013 bestandskräftig geworden war.

Nachdem der Beschwerdeführer in die Gerichts- und Verwaltungsakte Akteneinsicht genommen hatte, behauptete er, den Klägern sei zwar Wohngeld bewilligt worden, tatsächlich sei ihnen das Wohngeld aber aufgrund einer Überzahlung erst im April 2013 ausgezahlt worden. Da den Klägern im Februar 2013 kein Wohngeld zugeflossen sei, ergebe sich rechnerisch keine Überzahlung. Dieser Vortrag war nachweislich falsch. Aus der Verwaltungsakte ergab sich, dass die Klägerin zu 1.) 158,00 Euro Wohngeld am 1. Februar 2013 in bar erhalten hatte (Bl. 1511 der Verwaltungsakte), was die Klägerin zu 1.) mit ihrer Unterschrift auch bestätigt hatte (Bl. 1512 der Verwaltungsakte).

Der Kammervorsitzende nahm diesen Falschvortrag zum Anlass, den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 22. Mai 2019 hierauf hinzuweisen. Er legte darüber hinaus dar, dass die Klage keine Erfolgsaussicht habe, weil der endgültige Leistungsfestsetzungsbescheid vom 21. Juni 2013 bestandskräftig sei und hinsichtlich des streitgegenständlichen Erstattungsbescheids vom 20. Juni 2013 somit nur noch Einwendungen in Bezug auf dessen rechnerische Richtigkeit gemacht werden könnten. Der Erstattungsbescheid sei rechnerisch jedoch nicht zu beanstanden. Darüber hinaus sei der Kläger zu 2.) überhaupt nicht beschwert, weil von ihm keinerlei Leistungen zurückgefordert würden. Der Beschwerdeführer wurde ausdrücklich auf die Möglichkeit der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie deren Mindesthöhe von 150,00 Euro hingewiesen.

Der Beschwerdeführer reagierte hierauf mit einem dreiseitigen Schriftsatz vom 23. Mai 2019, in dem er mitteilte, die Klägerin zu 1.) habe sich über den Erhalt des Wohngeldes im Februar 2013 geirrt. Sie habe tatsächlich im Februar 2013 Wohngeld erhalten. Im Übrigen ging er ausführlich darauf ein, warum der endgültige Leistungsfestsetzungsbescheid vom 21. Juni 2013 rechtswidrig sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2019 wurde der Beschwerdeführer vom Kammervorsitzenden erneut darauf hingewiesen, dass die Führung des Klageverfahrens missbräuchlich sei und die Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe von mindestens 150,00 Euro in Betracht komme. Der Beschwerdeführer zog sich daraufhin nach Unterbrechung der mündlichen Verhandlung für 4 Minuten mit der anwesenden Klägerin zu 1.) zur Beratung zurück. Sodann erklärte er in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin zu 1.) an der Klage festhalte und trug erneut zur Rechtswidrigkeit des endgültigen Leistungsfestsetzungsbescheides vom 21. Juni 2013 vor. Er erklärte außerdem ausdrücklich, dass er die Auffassung der Klägerin zu 1.) teile.

Mit Urteil vom gleichen Tag wurde die Klage vom SG abgewiesen. Gleichzeitig wurden der Klägerin zu 1.) sowie dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens in Höhe von 250,00 Euro auferlegt und festgestellt, dass die Klägerin zu 1.) und der Beschwerdeführer für diesen Betrag gesamtschuldnerisch haften würden. In den Entscheidungsgründen führte die Kammer aus, warum neben der Klägerin zu 1.) auch dem Beschwerdeführer Verschuldenskosten auferlegt worden seien. Er sei vom Gericht zunächst ...

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