Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache. keine entsprechende Anwendung von § 73a Abs 1 S 1 iVm § 127 Abs 2 S 2 ZPO. Halbwaisenrente. Änderung der Verhältnisse. Missachtung der Mitteilungspflicht. kein atypischer Fall

 

Leitsatz (amtlich)

Die durch § 172 Abs 1 SGG grundsätzlich eröffnete Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen sozialgerichtliche Entscheidungen erfasst mangels einer hinreichend objektivierbaren gegenteiligen Wertung des Gesetzgebers entsprechend dem Gebot der Rechtsmittelklarheit die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrages (mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung) auch dann, wenn im Hauptsacheverfahren eine Berufung der Zulassung nach § 144 SGG bedarf.

 

Orientierungssatz

Versäumt es eine Waise jedenfalls grob fahrlässig, unter Missachtung ihrer Mitteilungspflicht nach § 60 Abs 1 Nr 2 SGB 1, über die sie wenige Monate zuvor noch einmal ausdrücklich belehrt worden war, die Beendigung einer Ausbildungsmaßnahme anzuzeigen, ist von vornherein kein Raum für die Annahme eines sog atypischen Falls iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 10 (vgl BSG vom 3.7.1991 - 9b RAr 2/90 = SozR 3-1300 § 48 Nr 10).

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren.

Im Hauptsacheverfahren wendet sich die 1986 geborene Klägerin gegen die Rückforderung von Halbwaisenrentenzahlungen.

Anfang Dezember 2005 übersandte die Klägerin dem beklagten Rentenversicherungsträger einen Schulungsvertrag, demzufolge sie vom 4. Oktober 2005 bis zum 3. Juli 2006 an einer von einem Bildungswerk betreuten berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilnehmen sollte. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 82,99 € befristet bis zum 31. Juli 2006. In dem Bescheid wurde die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Waisenrente bei Beendigung der Berufsausbildung wegfalle. Die Klägerin wurde ferner über ihre gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung einer Beendigung etwa in Form eines Abbruchs der Ausbildung unterrichtet.

Die Klägerin brach die Ausbildungsmaßnahme im März 2006 ab und nahm eine Teilzeitbeschäftigung als Arbeitnehmerin auf. Dieses Arbeitsverhältnis wurde von Seiten der Arbeitgeberin zum 30. Juni 2006 gekündigt. Nachfolgend bezog die Klägerin Leistungen nach dem SGB II und SGB III.

Erst nachdem die Beklagte im Juni 2006 die Klägerin gebeten hatte, das Ausbildungsende nachzuweisen, offenbarte diese den vorzeitigen Abbruch der Maßnahme. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2006 gestützt auf § 48 SGB X die Bewilligung der Halbwaisenrente für den Zeitraum April bis Juli 2006 auf und forderte die Klägerin zur Rückerstattung des überzahlten Betrages von 331,96 € auf.

Mit der am 27. Dezember 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. ein Attest ihres Hausarztes vom 17. August 2006 vorgelegt, wonach eine längerfristige Arbeitsunfähigkeit nicht (!) zu erwarten sei. Sie hat geltend gemacht, dass sie sich ab März 2006 auf der Suche nach einem anderen Ausbildungsplatz befunden habe; krankheitsbedingt diese Suche allerdings "nicht intensiv genug" habe betreiben können.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. September 2009 hat das Sozialgericht Hildesheim die Klage abgewiesen und zur Begründung im Einzelnen dargelegt, dass die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Halbwaisenrente für die streitbetroffenen Monate gestützt auf § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben habe.

Gegen diese ihr am 1. Oktober 2009 zugestellte Entscheidung richtet sich die - vom Sozialgericht nicht zugelassene - Berufung der Klägerin vom 2. November 2009 (L 2 R 526/09).

Mit Beschluss vom 28. September 2009 hat das Sozialgericht ferner den bereits im Dezember 2006 gestellten Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach § 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO abgelehnt. Dagegen richtet sich die vorliegende ebenfalls am 2. November 2009 eingelegte Beschwerde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist statthaft, jedoch unbegründet.

1. Die im Hauptsacheverfahren eingelegte Berufung der Klägerin ist, worauf sie der Senat bereits hingewiesen hat, unzulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG einer Zulassung bedürfte.

Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge