Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Berufliche Zweitausbildung und Anspruch auf Arbeitslosengeld II. rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung. Anordnung der aufschiebenden Wirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 7 Abs 5 SGB II ist ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch im Rahmen einer beruflichen Ausbildung nicht gegeben, wenn das SGB III eine Ausbildung überhaupt - unter welchen Voraussetzungen auch immer - als förderungswürdig regelt. Das ist nach § 60 Abs 1 SGB III der Fall, wenn sie in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

2. Förderungsfähig dem Grunde nach iSd § 7 Abs. 5 SGB II ist nicht nur eine erstmalige, sondern auch eine weitere Ausbildung.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 24.Februar 2006 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 8.September 2005 und15.Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.Januar 2006 und des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 14.Dezember 2005 wird angeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im vorläufigen Rechtsschutz Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -. Streitig ist, ob ihre Berufsausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation einem Anspruch entgegensteht und ob die Antragsgegnerin berechtigt ist, die Bewilligung von Leistungen für das Jahr 2005 zu einem großen Teil aufzuheben.

Die 1968 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Hotelfachfrau und hat bis Juli 2005 Arbeitslosengeld bezogen. Sie ist geschieden und erzieht ihre 4 und 7 Jahre alten Kinder allein. Am 28. Juni 2005 beantragte sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am selben Tag trug die Industrie- und Handelskammer C. den zwischen der Antragstellerin und der D. GmbH geschlossenen Vertrag zur Ausbildung im Ausbildungsberuf einer Kauffrau für Bürokommunikation in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ein. Die Antragstellerin hatte mit Schreiben vom 31. Mai 2005 bei der Agentur für Arbeit Lüneburg die Förderung dieser Ausbildung als Umschulung beantragt und darauf hingewiesen, dass sie seit März 2005 eine Nebenbeschäftigung bei dem Unternehmen aufgenommen habe, das nun einen Ausbildungsplatz in Teilzeit angeboten habe, um sie nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung fest einzustellen. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 1. August 2005 ab, weil für die angestrebte berufliche Tätigkeit eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nicht prognostiziert werden könne, und bot der Antragstellerin eine kaufmännische Trainingsmaßnahme sowie eine Kurzqualifikation an. Mit Bescheid vom 9. August 2005 bewilligte sie der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Juli bis Dezember 2005. Mit Schreiben vom 16. August 2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie ab dem Monat August 2005 wegen der aufgenommenen Ausbildung keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts habe. Darauf erwiderte die Antragstellerin, dass sie auf die Ausbildung schon bei der Antragstellung hingewiesen habe. Den Ausbildungsvertrag habe sie nach Erhalt eingereicht. Sie habe deshalb eine Überzahlung nicht verursacht. Jedenfalls stehe ihr ein Mehrbedarf als Alleinerziehende nach § 21 SGB II und der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II zu. Mit Bescheid vom 8. September 2005 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat August 2005 vollständig auf. Dagegen erhob die Antragstellerin Widerspruch, in dem sie erneut darauf hinwies, den Beginn der Ausbildung zum 1. August 2005 schon bei der Antragstellung mitgeteilt zu haben. Sie habe deshalb ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt. Jedenfalls stünden ihr die schon erwähnten Zuschläge zu. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 änderte die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate September bis Dezember 2005 auf 112,66 €. Dabei berücksichtigte sie einen Mehrbedarf in Höhe von 124,00 €, von dem sie einen Einkommensüberschuss des älteren Kindes der Antragstellerin abzog. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 änderte sie ihren Aufhebungsbescheid vom 8. September 2005 und bewilligte für August 2005 121,28 € wegen eines Anspruchs auf Mehrbedarf einer Alleinerziehenden. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 erhob die Antragstellerin am 4. Januar 2006 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2006 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Sept...

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