Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.01.2023; Aktenzeichen B 7 AS 179/22 BH)

 

Tenor

Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der erneute Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 13 AS 77/15.

Gegenstand des mit Urteil vom 14. März 2018 abgeschlossenen Berufungsverfahrens war u. a. ein Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten, welcher zu Unrecht gezahlte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2014 in Höhe von insgesamt 175.056,18 € betraf (unter Einschluss der an die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin gezahlten Leistungen). Die u. a. von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 14. Januar 2021 (B 14 AS 280/19 B).

Die Klägerin hat im Januar 2022 zunächst die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Restitutionsklage beantragt und nach einem ablehnenden Beschluss des Senats vom 29. März 2022 (L 13 AS 58/22 WA PKH) mit Schriftsatz vom 23. Mai 2022 (eingegangen am 25. Mai 2022) sinngemäß die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Sie entnimmt einer von ihr vorgelegten Verfügung der Staatsanwaltschaft F. vom 26. November 2021, dass der Beklagte bereits am 30. September 2013 über das verschwiegene Auslandsvermögen ihres Ehemannes in Kenntnis gesetzt wurde, und folgert hieraus, dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bei Erlass des Rücknahme- und Erstattungsbescheides bereits abgelaufen war.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Senats vom 14. März 2018 aufzuheben, das Berufungsverfahren L 13 AS 77/15 fortzusetzen sowie im alsdann fortgesetzten Verfahren das Urteil des Sozialgerichts (SG) Osnabrück vom 13. Dezember 2016 und den Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 15. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

den Wiederaufnahmeantrag zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten nach erneuter Ablehnung von PKH (Beschluss vom 9. August 2022) zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der Beschlussfassung gewesen sind.

II.

Die Wiederaufnahmeklage ist gemäß § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. §§ 578 Abs. 1, 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in entsprechender Anwendung des § 158 S. 1 SGG als unzulässig zu verwerfen (vgl. zur Anwendung dieser Vorschrift auf unzulässige Wiederaufnahmeklagen: BSG, Beschluss vom 10. Juli 2012 - B 13 R 53/12 B - juris Rn. 14 ff.). Der Senat kann nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG entscheiden, da die Vorschrift des § 158 S. 2 SGG auch für unzulässige Wiederaufnahmeklagen entsprechende Anwendung findet (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 16). Die sachliche Zuständigkeit des Senats für die Wiederaufnahmeklage ergibt sich aus Abschnitt I Abs. 2 S. 2 der Anlage 1 des Geschäftsverteilungsplans des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen für das Jahr 2022.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wiederaufgenommen werden, § 179 Abs. 1 SGG. Hiernach kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen, § 578 Abs. 1 ZPO. Für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage ist jedoch erforderlich, dass ein gesetzlicher Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet wird (vgl. BSG, a. a. O., juris Rn. 10; ferner BSG, Beschluss vom 23. April 2014 - B 14 AS 368/13 B - juris Rn. 9). Die Wiederaufnahmegründe sind in § 179 SGG i. V. m. §§ 578 ff. ZPO abschließend geregelt (B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 179 Rn. 3c; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Januar 2020 - L 3 U 76/17 WA - juris Rn. 19).

Mit dem Vortrag der Klägerin zur Begründung ihrer Wiederaufnahmeklage wird dieses Erfordernis nicht erfüllt, da kein gesetzlicher Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens schlüssig behauptet worden ist. Dementsprechend ist die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat keinen der in § 179 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO genannten Wiederaufnahmegründe schlüssig dargelegt. Wiederaufnahmegründe sind nicht bereits dann dargetan, wenn - worin sich das umfangreiche Vorbringen der Klägerin im Wesentlichen erschöpft - eine unrichtige Rechtsanwendung behauptet wird. Soweit das Vorbringen der Klägerin zu einem vermeintlich neuen Beweismittel über eine Ende September 2013 an den Beklagten ergangene Information der Steuerfahndung auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 b) ZPO abzielen könnte, ging der Senat in seinem rechtskr...

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