Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Leistungen für Unterkunft und Heizung. Anforderungen an die Begründung eines Verwaltungsakts. Einkommensberücksichtigung. Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Existenzgründungszuschuss. vorläufige Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Sind zeitnah noch nicht die endgültigen Einkünfte eines selbständig tätigen Hilfesuchenden nach dem SGB 2 ermittelbar, so bietet sich eine vorläufige Entscheidung iS des § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB 2 nF an.
2. Im Regelfall reichen die Angaben in auf der Grundlage des Programms A2LL ergangenen Bescheiden hinsichtlich der Miete und der Nebenkosten, die als Bedarf anzuerkennen sind, nicht dafür aus, um von einer hinreichenden Begründung iS des § 35 SGB 10 auszugehen.
Orientierungssatz
Der Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB 3 stellt eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1a SGB 2 dar, die auf die Regelleistung nicht angerechnet wird (Anschluss an LSG Celle-Bremen vom 23.6.2005 - L 8 AS 97/05 ER = NZS 2006, 330).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Oktober 2005 geändert. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Antragstellerin Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren, wird auf den Zeitraum vom 12. bis 31. Oktober 2005 beschränkt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darum, in welchem Umfang bei den laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt Einkünfte der Antragstellerin aus einer selbständigen Tätigkeit und einem Existenzgründerzuschuss angerechnet werden müssen.
Die im Januar 1969 geborene, ledige Antragsteller bewohnt seit dem Mai 1989 als Mieterin ein im Jahre 1994 bezugsfertig gewordenes Einfamilienhaus auf einem circa 1.660 qm großen Grundstück. Das Haus hat insgesamt eine Wohnfläche von circa 95 qm; nach dem ( ändernden ) Mietvertrag vom 17. Juni 2003 beträgt die Miete monatlich 614,00 € und als Vorschuss auf die Nebenkosten sind von ihr monatlich 86,00 € zu zahlen. Die Strom- und Gaskosten (u. a. für die Heizung) werden von ihr direkt an das örtliche Versorgungsunternehmen geleistet. Die Antragstellerin, die selbständig eine Praxis für Fußpflege und Massagen in ihrem Wohnhaus betreibt, erhielt im Jahre 2004 vom Landkreis D. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Außerdem erhielt sie mit Bescheid der Agentur für Arbeit D. vom 9. Juni 2004 für die Zeit vom 1. August 2004 bis zum 31. Juli 2005 einen Existenzgründerzuschuss in Höhe von monatlich 600,00 €. Die Möglichkeit der Weiterbewilligung für eine Gesamtförderdauer von maximal drei Jahren wurde ihr in Aussicht gestellt.
Auf ihren Antrag vom 13. September 2004 hin gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 10. Dezember 2004, geändert durch Bescheid vom 27. Januar 2005, für den Bewilligungszeitraum Januar bis April 2005 monatlich Leistungen in Höhe von 424,00 €. Auf der Bedarfsseite ging dabei die Antragsgegnerin vom Regelsatz der Antragstellerin und Unterkunftskosten (einschließlich anteiliger Mietkosten für die Fußpflegepraxis) in Höhe von monatlich 679,37 € aus und berücksichtigte andererseits als Einnahme den Existenzgründerzuschuss ohne Bereinigung. Mit Änderungsbescheid vom 20. April 2005 gewährte der Landkreis D. der Antragstellerin für den Bewilligungszeitraum Januar bis April 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 563,00 €.
Mit Bescheid vom 25. April 2005 gewährte die Antragsgegnerin für den Bewilligungszeitraum vom Mai bis zum Oktober 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 348,00 €. Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Mai 2005 Widerspruch ein und wies zur Begründung unter anderem darauf hin, dass ihr Erwerbseinkommen um eine Werbe- und Versicherungspauschale bereinigt werden müsse. Außerdem sei bei den Kosten der Unterkunft auch der Praxisanteil zu berücksichtigen. Mit Änderungsbescheid vom 19. September 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für den Zeitraum Mai bis Oktober 2005 lediglich Leistungen in Höhe von monatlich 43,99 €. Bei der Berechnung ging die Antragsgegnerin von einem Bedarf der Antragstellerin in Höhe von monatlich 802,03 € aus (Regelsatz 345,00 € und Kosten der Unterkunft 457,03 €) und stellte dem ein monatliches Einkommen von 758,05 € gegenüber. Denn das Einkommen der Antragstellerin setze sich aus dem Existenzgründerzuschuss in Höhe von monatlich 600,00 € und monatlichen Einkünften aus der Erwerbstätigkeit in Höhe von 158,05 € zusammen. Zur Berechnung des letztgenannten Betrages knüpfte die Antragsgegnerin an eine Gewinn- und Verlustberechnung der Antragstellerin vom 8. April 2005 betreffend den Zeitraum Januar bis März 2005 an, wonach durchschnittlich im Monat 531,19 € als Gewinn erwirtschaftet wurden. Dieser Betrag wurde um anteilige Mietkosten für die Fußpflegepraxis in Höhe von 306,77 €, eine Vers...