Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Integrationshelfer. Leistungserbringung in Form eines Persönlichen Budgets. Erhöhung des Budgets zwecks Teilnahme am Nachmittagsprogramm der Schule. hinreichender Zusammenhang mit dem Schulbesuch. Höhe des persönlichen Budgets. Maßgeblichkeit der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. Verfahren. kein Bedarfsfeststellungsverfahren. keine Zielvereinbarung. kein Anspruch auf Kostenübernahme außerhalb des Persönlichen Budgets. kein Anspruch auf Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen der Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets nach § 57 SGB 12 iVm § 17 SGB 9.

2. Die Bewilligung eines Persönlichen Budgets iS des § 17 SGB 9 setzt die Durchführung eines trägerübergreifenden Bedarfsfeststellungsverfahrens und den Abschluss einer Zielvereinbarung iS des § 4 Budgetverordnung (juris: BudgetV) voraus.

3. Die ggf rechtswidrige, aber wirksame Bewilligung eines Persönlichen Budgets steht der Geltendmachung des originären Sachleistungsverschaffungsanspruchs (§§ 53, 54 SGB 12) oder eines Kostenerstattungsanspruchs (§ 15 Abs 1 S 4 Alt 2 SGB 9) gegen den Sozialhilfeträger entgegen.

4. Die Bereitstellung eines Integrationshelfers während einer von der Schule angebotenen und für die Schüler freiwilligen Nachmittags-Arbeitsgemeinschaft kann eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung iS des § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 12 darstellen, wenn diese Veranstaltung in einem - gemessen an dem Hilfezweck - hinreichenden zeitlichen, örtlichen und personellen Zusammenhang mit dem Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht steht.

5. Im Sozialhilferecht sind für die Bemessung des Persönlichen Budgets iS des § 57 SGB 12 iVm § 17 SGB 9 grundsätzlich die Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen des zuständigen Sozialhilfeträgers nach § 75 Abs 3 SGB 12 maßgeblich. Eine mit höheren Kosten verbundene zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer kann bei der Bemessung des Persönlichen Budgets in der Regel nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

SGB XII § 53 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 57, 19 Abs. 3; SGB IX § 15 Abs. 1 S. 4, §§ 17, 55; BudgetV §§ 3-4; EinglHV § 12 Nr. 1; SGG § 86b Abs. 2

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. Dezember 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten hat.

Der Antragsgegner hat auch die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsgegner) höhere Leistungen für die Entlohnung einer Integrationshelferin, als ihm vorläufig als Persönliches Budget bewilligt wurden.

Bei dem 2000 geborenen Antragsteller besteht das Down-Syndrom. Er besucht die sechste Klasse der Pestalozzischule in D.. Während der Pflichtstunden bedarf der Antragsteller Hilfe im Unterricht, bei der Bewältigung von lebenspraktischen Aufgaben und im schulischen Freizeitbereich. Bis zur fünften Schulklasse wurde der Antragsteller von einer Integrationshelferin zum Schulunterricht begleitet, die bei einem gemeinnützigen Verein angestellt war; die anfallenden Kosten wurden von dem Antragsgegner übernommen. Derzeit ist im Umfang von wöchentlich 21,5 Stunden die Integrationshelferin Frau E. tätig, die im Wege des sog. Arbeitgebermodells von den Eltern des Antragstellers bezahlt wird.

Nachdem der Antragsgegner zunächst mit Bescheid vom 11. Juli 2013 die Übernahme der Kosten für eine Integrationskraft der in seinem Zuständigkeitsbereich tätigen Firma “F.„ für die Betreuung während der Unterrichtszeit für das Folgeschuljahr (Zeitraum vom 8. August 2013 bis zum 10. September 2014) bewilligt hatte, beantragte der Antragsteller unter dem 23. August 2013 erstmals die Gewährung eines Persönlichen Budgets für die Einstellung eines Integrationshelfers. Diesem Begehren entsprach der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. September 2013 für den Zeitraum vom 9. September 2013 bis zum 10. September 2014, indem er ein Budget ab Oktober 2013 in monatlicher Höhe von vorläufig 929,63 € und abweichend hiervon für September in Höhe von 681,73 € gewährte. Die Leistungsbewilligung erfolgte mit dem Hinweis, dass die Höhe des Persönlichen Budgets abhängig von der Arbeitszeit der Integrationshelferin sei und bei Stundenplanänderungen jeweils angepasst werde. Der Bedarf an Betreuung, bei der allein schulische Pflichtveranstaltungen zu berücksichtigen seien, betrage vorläufig 20 Wochenstunden.

Hiergegen legte der Antragsteller am 24. September 2013 mit der Begründung Widerspruch ein, dass der Antragsgegner zunächst die Einzelheiten de...

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