Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsgremien. Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes. Erlass. einstweilige Anordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulassungsgremien können die Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes nicht wegen eines "lokalen Versorgungsbedarfs" am bisherigen Praxisort versagen, ohne hierzu eingehende Ermittlungen angestellt zu haben.
2. § 24 Abs 7 Ärzte-ZV ist als Erlaubnisnorm mit Verbotsvorbehalt ausgestaltet. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann deshalb im Einzelfall ein Anordnungsanspruch auf vorläufige Genehmigung bejaht werden, obwohl den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der dort genannten "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" zusteht.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 28. August 2009 geändert. Der Antragsgegner wird bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, dem Antragsteller die Verlegung seines Vertragsarztsitzes von C. nach D., E., zu genehmigen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist der Anspruch des Antragstellers, eine vorläufige Genehmigung zur Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu erhalten.
Der 1960 geborene Antragsteller ist Facharzt für radiologische Diagnostik und seit 1996 im Planungsbereich Landkreis F. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Schreiben von Ende März 2009 beantragte er in dem für Radiologen gesperrten Bereich (Versorgungsgrad 154,8 %) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes mit Wirkung zum 1. Juli 2009 von F., G., in die DRK-Krankenanstalten, H., I. in J..
Den Antrag lehnte der Zulassungsausschuss durch Beschluss vom 13. Mai 2009 mit der Begründung ab, dass der beabsichtigten Sitzverlegung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung iS von § 24 Abs 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV ) entgegenstünden. Im Planungsbereich Landkreis F. (ca 206.000 Einwohner) entfielen 90.000 Einwohner zuzüglich Urlauber auf den Einzugsbereich F. und nur rund 41.000 Einwohner auf den Einzugsbereich Langen. Die übrigen Einwohner des Planungsbereichs seien traditionell auf K. bzw auf L. und damit auf die vertragsärztliche Versorgung in anderen Planungsbereichen ausgerichtet. Weiter sei einer wohnortbezogenen Fallzahlstatistik für das Quartal I/2009 (3.426 Fälle) des Antragstellers und seiner damaligen Gemeinschaftspraxispartnerin zu entnehmen, dass mit 87 % der weit überwiegende Anteil der Patienten aus der Stadt F. oder den unmittelbar daran angrenzenden Gemeinden stamme. Insoweit beschränke sich die vom Antragsteller mit seinem Verlegungsantrag geltend gemachte Verbesserung der Patientenversorgung im Umkreis von J. auf einen kleinen Teil seines bisherigen Patientenstamms. Für den weitaus größeren Teil ergebe sich hingegen wegen der schlechteren Erreichbarkeit des Antragstellers nach der beabsichtigten Verlegung seines Vertragsarztsitzes eine Verschlechterung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner zurück (Beschluss vom 24. Juni 2009) .
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Hannover (SG) erhoben und zusätzlich mit Schriftsatz vom 29. Juli 2009 beantragt, ihm vorläufig die Verlegung seines Vertragsarztsitzes nach D. zu genehmigen. Hierdurch könne die vertragsärztliche Versorgung mit radiologischen Leistungen im Planungsbereich Landkreis F. verbessert werden. Die Mehrzahl der Einwohner im Planungsbereich wohne südlich der Stadt F., sodass eine radiologische Praxis des Antragstellers in J. für sie schneller und bequemer zu erreichen wäre. Ein Engpass bei der radiologischen Versorgung seiner Patienten in F. bzw der unmittelbaren Umgebung könne durch die beabsichtigte Sitzverlegung nicht entstehen; der überwiegende Teil der Patienten werde ihm an seinen neuen Vertragsarztsitz folgen.
Weiter könne er spätestens im Quartal III/2009 seinen vertragsärztlichen Versorgungsauftrag in F. nicht mehr erfüllen. Die Klinik M. in N., von der er bislang seine Untersuchungsgeräte angemietet habe und für die er ua einen Kooperationsvertrag mit dem Krankenhaus F. erfülle, habe von ihm die Übertragung seiner vertragsärztlichen Zulassung auf ein von ihr gegründetes Medizinisches Versorgungszentrum für Radiologie verlangt. Hierzu sei er nicht bereit und es bestehe die Gefahr, dass er demnächst nicht mehr über die notwendigen Sach- und Personalmittel verfüge, um seine vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben.
Das SG hat mit Beschluss vom 28. August 2009 den Antragsgegner verpflichtet, die beantragte Verlegung des Vertragsarztsitzes zu genehmigen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Zulassungsgremien bei ihrer Entscheidung nur die Interessen eines Teils der im Planungsbereich Land...