Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einstellung laufender Leistungen. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem § 86b Abs 1 SGG. Glaubhaftmachung der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides durch den Leistungsträger
Leitsatz (amtlich)
Werden im laufenden Bewilligungszeitraum laufende Leistungen vom Träger eingestellt, so ist einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs 1 SGG und nicht nach Abs 2 der Vorschrift zu gewähren. Es ist dann Sache des Trägers, die Tatsachen glaubhaft darzulegen, die die Rücknahme nach § 45 SGB 10 oder die Aufhebung nach § 48 SGB 10 rechtfertigen. Zweifel hinsichtlich verschiedener Tatsachen gehen zu seinen Lasten, während dies im Verfahren nach § 86b Abs 2 SGG zu Lasten von Hilfesuchenden anders zu beurteilen sein kann.
Orientierungssatz
1. Es ist davon auszugehen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Rücknahmebescheid gem § 39 Nr 1 SGB 2 keine aufschiebende Wirkung haben.
2. Die Vermutungsregelung des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB 2 führt zwar zu einer Beweislastumkehr, allerdings entbindet diese Regelung den Leistungsträger nicht davon, die Tatsachen nachzuweisen, auf denen die Beweislastumkehr fußt.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 25.Oktober 2006wird aufgehoben.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 21.November2006 gegen den Rücknahmebescheid der Gemeinde G.,vom 26.Ok-tober2006, der namens und im Auftrage des Antragsgegners erging, wird angeordnet.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Antragstellerin in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, die eine Kürzung der ihr zuvor bewilligten Leistungen rechtfertigt.
Die im Juni 1952 geborene, ledige Antragstellerin war nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens bis zum Ende des Jahres 2003 als Busfahrerin berufstätig. In der Zeit vom Januar 2004 bis zum 23. Januar 2005 bezog sie Arbeitslosengeld - Alg -; in der Zeit vom 24. Januar bis einschließlich August 2005 bezog sie wohl laufende Leistungen von der im Auftrage des Antragsgegners handelnden Gemeinde G. nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. Ab dem 2. September 2005 nahm sie an einer ursprünglich für neun Monate geplanten Integrationsmaßnahme teil; während dieser Zeit bezog sie vom Rentenversicherungsträger ein Übergangsgeld i. H. v. kalendertäglich 40,51 €. Die Teilnahme an der Maßnahme musste die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beenden; sie erhielt bis Juli 2006 Krankengeld.
Die im September 2005 von der Antragstellerin beim Rentenversicherungsträger beantragte Erwerbsminderungsrente wurde mit Bescheid des Rentenversicherungsträgers vom 3. Juli 2006 versagt. Von der Versorgungsverwaltung wurde zugunsten der Antragstellerin ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Die Antragstellerin leidet nach von ihr vorgelegten ärztlichen Attesten bereits seit längerem an einem chronischen Schmerzsyndrom, welches wohl auf Beschädigungen der Bandscheiben sowohl im Bereich der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule zurückgeht. Auch erlitt die Antragstellerin nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens im Jahre 1979 einen Unfall, der u. a. zu Schädelverletzungen führte.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines ca. 1000 qm großen Grundstücks, welches mit einem ca. 70 qm Wohnfläche umfassenden Einfamilienhaus bebaut ist. Sie ist wohl Eigentümerin eines älteren Motorsegelbootes, eines stillgelegten Kraftfahrzeuges der Marke Porsche (Erstzulassung 1982, Typ 924) und eines stillgelegten dreirädrigen Motorrollers mit Fahrerkabine (Baujahr 1972, Typ Schwalbe mit Fahrerkabine) sowie eines älteren, zum Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges (BMW, Typ 518, Erstzulassung 1992).
In der Zeit vom März 1998 bis zum Juni 2005 wohnte mit der Antragstellerin im selben Hause der im März 1953 geborene ledige Herr H., der seit dem 13. Juni 2005 unter einer Adresse in einer Gemeinde im Landkreis I. gemeldet ist, wo er nach seinem Vorbringen seit dem Jahre 1997 ein kleineres, zwei Zimmer umfassendes Haus in einem Wochenendhausgebiet angemietet hat. Er bezieht nach seinem Vorbringen eine monatliche Altersrente in Höhe von 621,30 €.
Am 20. Juli 2006 beantragte die Antragstellerin die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 27. Juli 2006 gewährte daraufhin die im Auftrage des Antragsgegners handelnde Gemeinde für den Bewilligungszeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 monatliche laufende Leistungen und zwar im Jahre 2006 in Höhe von 691,60 € monatlich und für den Januar 2007 in Höhe von 672,93 €. Dabei hatte die Absenkung der Leistungen für den Januar 2007 offensichtlich ihren Grund darin, dass der Zuschlag nach § 24 SGB II, der für den Zeitraum zuvor zugunsten der Antragstellerin anerkannt worden war, mit dem 23. Januar 2007 endete.
Zum Anfang August 2006 kamen bei Mitarbeitern der Gemeinde Überlegungen auf, dass die Antragstellerin möglicher...