Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auskunftspflicht des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft. einstweiliger Rechtsschutz. sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts
Leitsatz (amtlich)
1. Der Träger der SGB 2-Leistungen kann das Verlangen auf Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partnerin eines Hilfesuchenden nach § 60 Abs 4 SGB 2 durch einen Verwaltungsakt betreiben.
2. Dieser Verwaltungsakt kann im überwiegenden Interesse des Hilfesuchenden gemäß § 86a Abs 2 Nr 5 SGG für sofort vollziehbar erklärt werden.
3. Vorläufiger Rechtsschutz beurteilt sich dann nach § 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG.
4. Der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw Partnerschaft iS von § 7 Abs 3 und Abs 3a SGB 2 steht nicht entgegen, dass der Hilfesuchende keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Unterhalt gegen die zur Auskunft herangezogene Partnerin hat.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 8. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin vom Antragsgegner im Wege des Verwaltungszwangs veranlasst werden kann, über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben.
Die ledige, im Januar 1964 geborene Antragstellerin wohnte in der Zeit von 1996 bis zum Januar 1998 zusammen in einer Wohnung im F. mit dem im Februar 1965 geborenen Herrn Sch. Dieser war bis zum Oktober 2002 als Arbeitnehmer beschäftigt, anschließend arbeitslos, vom November 2003 bis zum April 2004 selbstständig berufstätig und bezog für die Zeit vom Juli bis einschließlich Dezember 2004 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosenhilfe. Ab dem 1. Februar 1998 mieteten die Antragstellerin und Herr Sch. ein Einfamilienhaus, das sie seitdem bewohnen. Auf den Antrag des Herrn Sch. hin bewilligte zunächst der Antragsgegner ihm laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zuletzt erfolgte auf seinen Fortsetzungsantrag hin mit Bescheid vom 1. November 2005 für den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2005 bis 30. April 2006 eine Leistungsgewährung. Mit Bescheid vom 28. November 2005 hob der Antragsgegner diesen Bewilligungsbescheid auf und stellte die Leistungen an Herrn Sch. ab dem 1. Dezember 2005 ein. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass zwischen ihm und der Antragstellerin eine eheähnliche Gemeinschaft vorliege und die Umstände dafür sprächen, dass er ausreichende Leistungen von der Antragstellerin erhalte. Herr Sch. sei daher zur Überprüfung seines Leistungsanspruchs zur Vorlage bestimmter Unterlagen bis zum 23. November 2005 aufgefordert worden. Da diese Unterlagen nicht vorgelegt worden seien, sei es ermessensgerecht, die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung einzustellen und den Bewilligungsbescheid vom 1. November 2005 zum 1. Dezember 2005 aufzuheben. Dagegen hat Herr Sch. nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006) Klage zum Sozialgericht (SG) Stade erhoben, über die - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden worden ist (Aktenzeichen: S 8 AS 248/06).
Zuvor, und zwar am 7. Dezember 2005, hatte Herr Sch. gegen die Versagung der Leistungen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, der mit Beschluss des SG Stade vom 16. Januar 2006 versagt wurde (Aktenzeichen: S 8 AS 396/05 ER). Die dagegen von ihm eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des 6. Senats des erkennenden Gerichts vom 22. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen (Aktenzeichen: L 6 AS 58/06 ER). Zur Begründung wurde dort u. a. ausgeführt, dass gewichtige Anhaltspunkte für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn Sch. auch unter Berücksichtigung der bisherigen Angaben und eines Hausbesuchs vom 20. Dezember 2005 bestünden und dass die begehrten Leistungen wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht hätten verweigert werden können, solange die Hilfebedürftigkeit des Herrn Sch. ohne Angaben der Antragstellerin zu deren Einkommen und Vermögen nicht geprüft werden könnte.
Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 22. Februar 2006 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin mit Bescheid vom 22. Mai 2006 auf, über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben und vollständige Kontoauszüge der letzten zwei Monate zur Einsicht, den Mietvertrag über die Anmietung des Einfamilienhauses vorzulegen und ihre Sozialversicherungs- sowie Krankenversicherungsnummer anzugeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sie als Partnerin in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit Herrn Sch. gemäß § 60 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - zur Auskunft verpflichtet sei. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung dieses Bescheides angeordnet und ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € angedroht.
Dagegen legte die Antragstellerin am 9. Juni 2006 Widerspruch ein und begehrte zugleich die Aussetzung der angeordneten sofortigen Vollziehung. Zur Begründung führte sie aus, dass zwischen ihr...