Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Leistungsausschluss für dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB 2. Leistungsausschluss gem § 23 Abs 3 S 1 SGB 12. Rechtslage bis 28.12.2016. Leistungsgewährung nach § 23 Abs 1 S 3 SGB 12. Rechtslage ab 29.12.2016. Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 41a Abs 7 SGB 2. Ermessensreduzierung auf Null. einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Unionsbürgern, die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II in der bis zum 28.12.2016 geltenden Fassung unterfallen, sich seit mehr als sechs Monaten in Deutschland aufhalten und hilfebedürftig sind, sind Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit bis zum 28.12.2016 zu gewähren. Zumindest in Eilverfahren ist davon auszugehen, dass das nach § 23 Abs 1 S 3 SGB XII eröffnete Ermessen in dieser Konstellation auf Null reduziert ist (Anschluss an BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R = BSGE 120, 149 = SozR 4-4200 § 7 Nr 43).
2. Wenn die Voraussetzungen nach § 41a Abs 7 S 1 Nr 1 SGB II für eine vorläufige Entscheidung über Leistungen nach dem SGB II vorliegen, kann für Leistungszeiträume ab dem 29.12.2016 das nach § 41a Abs 7 S 1 SGB II eingeräumte Ermessen wegen der durch die Neufassung des § 23 SGB XII eingeführten Leistungseinschränkungen ebenfalls auf Null reduziert sein mit der Folge, dass dem genannten Personenkreis vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren sind.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 18. Oktober 2016 - soweit hiermit der Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz abgelehnt worden ist - aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit vom 13. bis zum 30. September 2016 in Höhe von 246,00 € und für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. Dezember 2016 in Höhe von 410,00 € monatlich zu gewähren. Die Antragsgegnerin ist befugt, die Leistungen direkt an den Vermieter der Antragsteller auszuzahlen.
Der Beigeladene wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 30. April 2017 in Höhe von 410,00 € monatlich zu gewähren. Der Beigeladene ist befugt, die Leistungen direkt an den Vermieter der Antragsteller auszuzahlen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz abgelehnt.
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene haben jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren lebensunterhaltssichernde Leistungen im Wege des Eilrechtsschutzes.
Der 1957 geborene Antragsteller und die 1959 geborene Antragstellerin, die miteinander verheiratet sind und die bulgarische Staatsangehörigkeit haben, sind seit Oktober 2013 in Bremerhaven gemeldet und bewohnen dort eine 57 m² große Wohnung, für die nach dem Mietvertrag eine Gesamtmiete in Höhe von 410,00 € monatlich (Grundmiete: 250,00 €; Mietnebenkosten: 70,00 €; Heizung: 90,00 €) zu entrichten ist. Sie bezogen vom Jobcenter Bremerhaven, das im Beschwerdeverfahren beigeladen worden ist, bis Juni 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, wobei die Leistungen von Januar 2015 bis Juni 2016 vorläufig bewilligt wurden. Mit Bescheiden vom 9. und 13. Dezember 2016 lehnte der Beigeladene die Leistungsanträge für die Zeit von Januar 2015 bis Juni 2016 unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II endgültig ab und forderte von den Antragstellern die Erstattung der für diese Zeit gewährten Leistungen. Über die Widersprüche der Antragsteller gegen diese Bescheide ist, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden. Den Weitergewährungsantrag für die Zeit ab Juli 2016 lehnte der Beigeladene mit Bescheid vom 13. Juni 2016 mit der Begründung ab, die Antragsteller hätten keinen Leistungsanspruch, weil sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Der Antragsteller habe zwar am 9. Juni 2015 einen Arbeitsvertrag mit der D. GmbH geschlossen, wonach sich die Arbeitszeit auf etwa neun Stunden wöchentlich und das Bruttogehalt auf 372,60 € monatlich belaufe. Es sei aber bereits zweifelhaft, ob der Antragsteller die Tätigkeit tatsächlich ausübe. Jedenfalls habe er nicht glaubhaft gemacht, dass es sich um eine Tätigkeit von nicht nur geringem Umfang handele. Die Antragsteller erhoben hiergegen keinen Widerspruch.
Am 8. August 2016 beantragten die Antragsteller Sozialhilfe in Form von lebensunterhaltssichernden Leistungen bei der Antragsgegnerin, die den Antrag mit Bescheid vom 10. August 2016 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, dass die Antragsteller erwerbsfähig seien und daher gemäß § ...