Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Sozialhilfe für Ausländer. Hilfe zum Lebensunterhalt. Leistungsausschluss bei fehlendem Aufenthaltsrecht bzw Aufenthalt zur Arbeitsuche. Leistungsgewährung nach § 23 Abs 1 S 3 SGB 12. Möglichkeit zur Rückkehr ins Heimatland
Orientierungssatz
1. Auch Unionsbürger, die nicht dem Europäischen Fürsorgeabkommen (juris: EuFürsAbk) unterfallen, haben im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf der Grundlage des § 23 Abs 1 S 3 SGB 12 einen vorläufigen Anspruch auf unterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB 12; auf die Möglichkeit einer Heimkehr des Ausländers in sein Heimatland kommt es nicht an (vgl BSG vom 20.1.2016 - B 14 AS 15/15 R).
2. Dies gilt erst Recht für die dem EuFürsAbk unterfallenden Antragsteller.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 17. Juni 2016 aufgehoben, soweit er die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes für die Zeit ab 1. Juni 2016 betrifft.
2. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Oktober 2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB XII unter Anrechnung der aufgrund des Senatsbeschlusses vom 25. Juli 2016 bereits erbrachten Leistungen zu gewähren.
3. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe
I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer (nachfolgend: Antragsteller) begehren, nachdem ihr beim Sozialgericht (SG) Bremen gestellter Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz für den Monat Mai 2016 Erfolg hatte, noch die vorläufige Gewährung lebensunterhaltssichernder Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit von Juni bis Oktober 2016. Für die Zeit ab November 2016 hat der Beigeladene mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 Leistungen bewilligt.
Die 1983 geborene Antragstellerin zu 1. sowie ihre beiden minderjährigen Kinder, die Antragsteller zu 2. und 3., sind schwedische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1. und die 2009 geborene Antragstellerin zu 2. halten sich nach eigenen Angaben seit Juni 2012 in Bremen auf, der Antragsteller zu 3. ist dort im Oktober 2012 geboren. Die Antragsteller behaupten, vor dem gewalttätigen damaligen Ehemann der Antragstellerin zu 1. aus Schweden geflüchtet zu sein.
Die Antragsteller bewohnen eine in Bremen gelegene Wohnung, für die sie seit Oktober 2015 eine Warmmiete (ohne Stromkosten) von monatlich 620,00 € an die F. eG zu zahlen haben. Für die Antragsteller zu 2. und 3. wird ein Kindergeld von zusammen 380,00 € gezahlt. Die Antragstellerin zu 2. besucht noch bis voraussichtlich Juli 2019 die Schule G. in H., die Antragstellerin zu 1. hatte in der Zeit von Januar bis März 2016 an einem Deutsch-Basissprachkurs teilgenommen. Sie war vom 4. bis 7. Juni 2016 für einige Tage als Reinigungskraft tätig, nach einem Unfall der Tochter mit daraus resultierendem Betreuungsbedarf gab sie die Tätigkeit wieder auf.
Die Antragsteller erhielten in der Vergangenheit aufgrund mehrerer gerichtlicher Eilverfahren vorläufige lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB XII von der Antragsgegnerin bzw. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beigeladenen. Zuletzt gewährte dieser im Hinblick auf eine bis Mai 2015 ausgeübte geringfügige Beschäftigung mit Bescheid vom 31. Mai 2015 Leistungen bis zum 30. November 2015. Den für die Zeit ab Dezember 2015 gestellten Weitergewährungsantrag lehnte der Beigeladene mit Bescheid vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2015 ab. Die hiergegen erhobene Klage ist beim SG noch anhängig. Auf den mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtete das SG den Beigeladenen mit Beschluss vom 18. Januar 2016 zur vorläufigen Leistungsgewährung für die Zeit vom 23. Dezember 2015 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis 31. Mai 2016. Auf die hiergegen vom Beigeladenen erhobene Beschwerde hob der 15. Senat des LSG die Entscheidung des SG mit Beschluss vom 26. April 2016 auf (L 15 AS 18/16 B ER).
Am 17. Mai 2016 stellten die Antragsteller einen Leistungsantrag bei der Antragsgegnerin und beantragten zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Mai 2016 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2016 zurück. Ein Klageverfahren ist beim SG anhängig (S 33 SO 278/16). Auf den Eilantrag hat das SG die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 17. Juni 2016 verpflichtet, den Antragstellern vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2016 Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGB XII f...