Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. UV-Schutzkleidung

 

Orientierungssatz

Im Handel erhältliche UV-Schutzkleidung ist ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs 1 S 1 SGB 5.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begeht die Kostenübernahme für UV-Schutzkleidung.

Die 1983 geborene Klägerin leidet an einem subakut kutanen Lupus erythematodes mit Erstmanifestation im Sommer 2018 mit Hautveränderungen an lichtexponierten Arealen. Die Krankheit äußert sich in einer erhöhten Lichtempfindlichkeit. Vom 2. bis 9. Oktober 2018 erfolgte eine stationäre Behandlung im Klinikum G. zur weiteren Diagnostik und Therapie. Dort wurde festgestellt, dass bei der Klägerin nur ein ACR-Lupus Kriterium erfüllt ist, sodass kein systemischer Lupus erythematodes besteht. Es wurde neben einer Therapie mit Hydroxychloroquin und regelmäßigen Verlaufskontrollen ein konsequenter Lichtschutz in Form von schützender Kleidung, Hut und Lichtschutzpräparat mit mindestens Lichtschutzfaktor (LFS) 50+ empfohlen (Entlassungsbrief vom 9. Oktober 2018).

Unter Übersendung des Entlassungsbriefs erkundigte sich die Klägerin mit Email vom 30. Dezember 2018, ob es seitens der Beklagten finanzielle Unterstützung für die benötigte UV-Schutzkleidung gebe. Mit Email vom 14.Januar 2019 bedankte sich die Beklagte für die Anfrage der Klägerin und teilte mit, dass Sonnencreme und UV-Schutzkleidung keine Hilfsmittel seien. Beides zähle zu den Alltagshilfen und dürfe von der gesetzlichen Krankenkasse nicht bezuschusst werden. Am 27. Januar 2019 erhob die Klägerin per Email Widerspruch gegen „den von Ihnen ausgestellten Bescheid vom 14. Januar 2019“. Es handele sich um Schutzmaßnahmen aufgrund ihrer chronischen Erkrankung. Der im Widerspruchsverfahren beauftragte Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) verneinte in seiner Stellungnahme vom 8. März 2019 die medizinischen Voraussetzungen einer Leistungsgewährung. Lichtschutzsonnencreme und UV-Schutzkleidung seien Gegenstände des täglichen Lebens. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2019 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. UV-Schutzkleidung sei nicht grundsätzlich für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen konzipiert oder hergestellt worden. Es handele sich um konfektionierte Artikel, die im Einzelhandel erhältlich seien und allgemein im täglichen Leben verwendet würden. Da UV-Schutzkleidung zu den allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens zähle, bestehe keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Klägerin hat am 28. November 2019 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie leide an einer chronischen Autoimmunkrankheit, mit der sich der MDK nicht auseinandergesetzt habe. Eine Begutachtung habe nicht stattgefunden. Es bestehe eine medizinische Notwendigkeit für das Tragen der UV-Schutzkleidung. Es sei auch nicht ausreichend und zumutbar, Lichtschutzsonnencreme zu verwenden, da diese nur bis zu maximal zwei Stunden wirke.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen Beweisantrag gestellt.

Mit Urteil vom 16. Dezember 2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unbegründet, da die UV-Schutzkleidung aus alltäglichen Gebrauchsgegenständen bestehe, sodass es auf medizinische Zusammenhänge nicht ankomme.

Streitgegenstand sei die E-Mail vom 14. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2019. Die E-Mail vom 14. Januar 2019 sei als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Sie treffe eine Regelung in einem Einzelfall, es handele sich nicht nur um eine unverbindliche Information. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin per E-Mail Widerspruch habe einlegen dürfen, da die Beklagte in der Sache entschieden und den Formfehler geheilt habe.

Rechtsgrundlage für die Gewährung der begehrten UV-Schutzkleidung sei§ 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) . Der Anspruch sei ausgeschlossen, weil es sich bei der UV-Schutzkleidung um alltägliche Gebrauchsgegenstände handele. Der Beweisantrag sei abzulehnen, da es auf eine medizinische Eignung des Hilfsmittels nicht ankomme. UV-filternde Kleidung werde heutzutage nicht mehr gezielt für Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten hergestellt. Auch dem Klagevorbringen könne nichts Gegenteiliges entnommen werden. Der vorgelegte Entlassungsbericht enthalte lediglich eine unspezifische Empfehlung.

Gegen das ihr am 28. Dezember 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Januar 2022 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt und ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Ergänzend trägt sie vor, dass ihr behandelnder Facharzt für Hautkrankheiten Dr H. attestiert habe, dass das Tragen UV-dichter Kleidung medizinisch indiziert sei. Die Kleidung sei bei speziellen Herstellern zu erwerben, die diese Hilfsmittel nur für UV-empfindliche Me...

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