Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Fehlen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wegen höchstrichterlicher Klärung: Erstattung von Vorverfahrenskosten nach Verwerfung eines Widerspruchs gegen einen Bescheid, der bereits Gegenstand eines Widerspruchs- bzw Gerichtsverfahrens ist. fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsfrage, ob die Übernahme der Kosten des Vorverfahrens gem § 63 SGB 10 erfolgen kann, wenn der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil der angefochtene Bescheid gem § 86 oder § 96 Abs 1 SGG Gegenstand eines zuvor eingeleiteten Widerspruchs- oder Gerichtsverfahrens geworden ist, die Einlegung des Widerspruchs aber durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung veranlasst wurde, hat keine grundsätzliche Bedeutung, nachdem das BSG diese Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden hat (vgl BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = SozR 4-1500 § 193 Nr 6).
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 6. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Die Kläger stehen im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Bescheid vom 25. November 2009 wurden ihnen Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2010 bewilligt. Hiergegen erhoben sie mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 Widerspruch (Aktenzeichen - AZ - bei dem Beklagten: H.). Der Beklagte erließ einen weiteren Bescheid, der ebenfalls den Bewilligungsabschnitt des ersten Halbjahres 2010 betraf (vgl. Bescheid vom 1. Februar 2010: Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. bis 31. Januar 2010). Dieser Änderungsbescheid enthielt eine auf den Widerspruch hinweisende Rechtsbehelfsbelehrung. Auch hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein (AZ beim Beklagten: I.), den sie auf die Kosten der Unterkunft beschränkten. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2010 als unzulässig verworfen, weil der Änderungsbescheid gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens (Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. November 2009 - H.) geworden sei. Die Erstattung von Kosten für das Widerspruchsverfahren lehnte der Beklagte ab.
Der Beklagte half dem Widerspruch vom 14. Dezember 2009 gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. November 2009 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2010 (H.) mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2010 teilweise ab und erklärte sich zur Kostenerstattung in Höhe von 20 Prozent bereit. Diesem Widerspruchsverfahren schloss sich das Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover S 45 AS 2576/10 an, das - soweit ersichtlich - noch anhängig ist.
Gegen die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2010 (den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid betreffend: AZ: I.) haben die Kläger vor dem SG Hannover Klage erhoben und die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung der Vorverfahrenskosten begehrt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass der Beklagte aus Gründen des "Veranlasserprinzips" die Kosten der unnötigen Rechtsverfolgung ersetzen müsse. Die Kostentragungspflicht ergäbe sich wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung aus einer erweiternden Auslegung des § 63 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) oder aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Das SG Hannover hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht erfüllt seien, weil der Widerspruch des Klägers gegen den in einem anderen Widerspruchsverfahren zum Gegenstand gewordenen Bescheid nicht erfolgreich gewesen sei. Die Tatbestandsmerkmale des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X liegen nicht vor, da eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung keinen unbeachtlichen Verfahrens- oder Formfehler in diesem Sinne darstelle. Daneben scheide auch eine erweiternde Auslegung der Vorschrift des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X aus, weil keine planwidrige Regelungslücke bestehe. Das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches gewähre auf der Rechtsfolgenseite lediglich Restitution in natura und nicht Schadensersatz in Geld, so dass er ebenfalls keine Kostenerstattung begründen könne.
Mit der am 5. Juli 2011 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Berufung gegen den ihnen am 9. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid. Sie sind der Auffassung, dass die Rechtssache eine klärungsbedürftige Rechtsfrage betreffe. Klärungsbedürftig sei, "ob eine Kostenerstattungspflicht des Beklagten bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung gegeben sei, soweit das Verfahren gegen den ursprünglichen Bescheid erfolgreich war und der Beklagte durc...