Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktion wegen Nichtantritt einer Eingliederungsmaßnahme. Rechtswidrigkeit wegen Unbestimmtheit des Zuweisungsbescheides zur Eingliederungsmaßnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Sanktion nach § 31 SGB II kann nur eintreten, wenn das Angebot bzw die Zuweisung zu einer Eingliederungsmaßnahme hinreichend bestimmt sind, um dem Leistungsempfänger eine Überprüfung der formellen und inhaltlichen Anforderungen zu ermöglichen.
2. Allgemeine Beschreibungen wie Unterstützung und Hilfestellung im Bewerbungsprozess oder Integration in den ersten Arbeitsmarkt sind nicht geeignet, eine ausreichende Auskunft über Gegenstand und Ausgestaltung der Maßnahme zu vermitteln.
Normenkette
SGB II § 31 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 3, § 16 Abs. 1, § 10 Abs. 1-3; SGB III § 45
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 20. Oktober 2015 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 29. Oktober 2015 gegen den Bescheid vom 22. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2015 (Az. S 10 AS 3272/15) angeordnet.
2. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Absenkung der ihm gewährten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015.
Der 1992 geborene Antragsteller bezieht seit August 2010 SGB II-Leistungen vom Antragsgegner.
Durch Bescheid vom 9. Februar 2015 stellte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller für die Zeit 1. März 2015 bis 31. Mai 2015 eine Beschränkung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung fest, da der Antragsteller sich geweigert habe, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit als Helfer in der Ver- und Entsorgung bei der E. GmbH fortzuführen. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Dem Antragsteller und seiner Partnerin wurden mit Bescheid vom 10. Juni 2015 SGB II-Leistungen für die Zeit 1. Juli 2015 bis 31. Dezember 2015 in Höhe von monatlich jeweils 535,50 € vorläufig gewährt.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 stellte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller für die Zeit 1. Juli 2015 bis 30. September 2015 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest, weil der Antragsteller sich geweigert habe, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit als Helfer für Holz-/Flechtwaren bei der E. GmbH aufzunehmen. Ein gleichlautender Bescheid war gegenüber der Partnerin des Antragstellers ergangen. Gegen diese Bescheide legten der Antragsteller und seine Partnerin Widerspruch ein und beantragten beim Sozialgericht (SG) Braunschweig den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Durch Beschluss vom 8. Juli 2015 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers und seiner Partnerin gegen die Sanktionsbescheide vom 17. Juni 2015 an und verwies zur Begründung darauf, dass der Antragsgegner unzutreffende Rechtsfolgenbelehrungen erteilt habe (Az. F.).
Nachdem zwischen den Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kam, erließ der Antragsgegner am 3. August 2015 einen Verwaltungsakt betreffend die Eingliederungsbemühungen. Der Antragsgegner verpflichtete sich darin u. a., die angemessenen Kosten des Antragstellers für die Teilnahme an der angebotenen Eingliederungsmaßnahme mit der Bezeichnung “G. - H.„ bei der I. -Schule zu übernehmen, soweit dies für die die berufliche Eingliederung notwendig sei. Der Antragsteller wurde verpflichtet, an der genannten Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Im Bescheid wurde zu der Maßnahme wie folgt ausgeführt:
“Die Maßnahme soll Ihre berufliche Eingliederung durch eine Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen. Inhalt der Maßnahme: Integration den ersten Arbeitsmarkt; Zweck der Maßnahme ist: Unterstützung und Hilfestellung im Bewerbungsprozess; bei der I. -Schule in J. vom 10.08.15 bis 30.11.15.„
Der Bescheid vom 3. August 2015 enthielt weiter den Hinweis, dass das Arbeitslosengeld II des Antragstellers bereits einmal aufgrund eines Pflichtverstoßes auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt worden sei und jeder weitere Pflichtverstoß daher den vollständigen Wegfall des zustehenden Arbeitslosengeldes II zur Folge haben werde.
Ebenfalls am 3. August 2015 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Schreiben, welches ein “Angebot„ der in dem zeitgleich ergangenen Bescheid genannten Eingliederungsmaßnahme beinhaltete. Als zeitlicher Umfang der Maßnahme wurden 36 netto Teilnahmetage an drei Tagen pro Woche mit jeweils drei Stunden genannt. Als Inhalt der Maßnahme wurde in diesem Schreiben “Integration in den ersten Arbeitsmarkt„ angegeben. Weiter beinhaltete das Schreiben Daten wie Zeitraum, Ort und Träger der Maßnahme.
Am 3. August 2015 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller ferner eine Einladung zu einem Termin bei de...