Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Anwendbarkeit des zwischen dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke und der Industriegewerkschaft Metall am 24.1.2007 abgeschlossenen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über ein Mindestentgelt in dem Elektrohandwerken auf Hilfskräfte. unverschuldete Unkenntnis von der Beitragszahlungspflicht nach § 24 Abs 2 SGB 4

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der zwischen dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke und der Industriegewerkschaft Metall am 24.1.2007 abgeschlossene für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag über ein Mindestentgelt in dem Elektrohandwerken ist auch auf Hilfskräfte anzuwenden, soweit diese im Rahmen eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens in die Erbringung elektronischer Leistungen eingebunden sind.

2. Eine fehlende Kenntnis der Pflicht über die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen steht nur dann als unverschuldet der Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs 2 SGB IV entgegen, wenn der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er die zur Vermeidung eines Risikos von Beitragsausfällen erforderliche Sorgfalt beachtet hat.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger führt als Elektromeister einen handwerklichen Elektromontagebetrieb mit Sitz im niedersächsischen Landkreis O.. Er wendet sich gegen einen auf der Grundlage einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV erlassenen Beitragsnachforderungsbescheid, mit dem weitere Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.677,95 € (einschließlich 1.335,50 € Säumniszuschläge) festgesetzt worden sind. Der Nachberechnung liegt die Auffassung der Beklagten zugrunde, dass der Kläger im Prüfzeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 den seinerzeit in seinem Betrieb tätigen Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4. und 14. für ihre Tätigkeit ein zu geringes - die Vorgaben der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Elektrohandwerk missachtendes - Entgelt gewährt habe. Eine anteilige Nachforderung in Höhe von 31,97 € ist darüber hinaus vor dem Hintergrund festgesetzt worden, dass der Kläger aus der Sicht der Beklagten (vgl. deren Schriftsatz vom 12. Januar 2016) eine dem Beigeladenen zu 13. im September 2008 gewährte Urlaubsabgeltung rechtsirrtümlich als Teil des laufenden Entgelts bei der Lohnabrechnung mit der Folge behandelt hat, dass versehentlich eine geringfügige Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenzen zur Kranken- und Pflegeversicherung angenommen worden ist.

Die Beigeladenen zu 5. bis 12. sind die für die Beigeladenen zu 1. bis 4., 13. und 14. zuständigen Sozialversicherungsträger.

Der Beigeladene zu 4. ist der Sohn des Klägers. Er ist ausgebildeter Elektrotechniker. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15. April 2008 hat ihn der Kläger zum 1. Juni 2008 als Elektrotechniker zu einem Monatsbruttolohn von 1.600 € beschäftigt (Bl. 106 GA), nachdem er bereits in den vorausgegangenen Monaten jedenfalls von Januar bis Mai 2008 für den Kläger gearbeitet hatte. Ein Folgearbeitsvertrag vom 31. Juli 2009 (Bl. 102 GA) sah einen Bruttostundenlohn von 11 € vor.

Die Beigeladenen zu 1., 2., 3., und 14 verfügen über keine Ausbildung zum Elektrotechniker. Sie sind vom Kläger als Hilfskräfte eingesetzt worden, wobei sie jedenfalls überwiegend Stundenlöhne zwischen 6 und 7 € erhalten haben. Der Beigeladene zu 2. schloss am 8. April 2009 mit dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach er für diesen ab dem 15. April 2009 als “Helfer„ zu einem Bruttostundenlohn von 7 € tätig werden sollte (Bl. I 43 VV). Mit den übrigen Beigeladenen hatte der Kläger nur mündliche Arbeitsverträge abgeschlossen.

Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) hatte am 24. Januar 2007 mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen Tarifvertrag über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken geschlossen. Nach § 1 des Vertrages galt dieser räumlich im gesamten Bundesgebiet und sachlich für alle Betriebe oder selbständigen Betriebsabteilungen, die mit der handwerksmäßigen Installation von elektro- und informationstechnischen Anlagen und Geräten einschließlich elektrischer Leitungen, Kommunikations- und Datennetze sowie mit dem Fahrleitungs-, Ortsnetz und Kabelbau befasst sind. Persönlich galt der Vertrag für “alle Beschäftigten, soweit sie elektro- und informationstechnische Tätigkeiten außerhalb des Betriebes ausüben. Ausgenommen sind Auszubildende im Sinne des § 1 (2) BBiG.„

§ 2 des Tarifvertrages sah ein Mindestentgelt für Arbeitsorte in Niedersachsen und in den weiteren alten Bundesländern in Höhe 9,40 € ab Januar 2008, 9,55 € ab Januar 2009 und 9,60 € ab Januar 2010 vor.

Diesen Tarifvertrag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss mit Wirkung ab dem 1. Septembe...

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