Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. operative Beinverlängerung. Frau mit Körperendgröße von 149,8 cm. kein Anspruch auf Kostenübernahme
Orientierungssatz
Eine in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Frau mit einer Körperendgröße von 149,8 cm hat keinen Anspruch auf Gewährung einer operativen Beinverlängerung (vgl auch LSG Stuttgart vom 17.11.2015 - L 11 KR 5308/14).
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 19. März 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung.
Die im Jahre 1999 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Erstmals im Alter von 17 Jahren stellte sie sich bei dem Chirurgen Prof Dr H. vor; es bestand seinerzeit eine Körpergröße von 148,5 cm und ein Körpergewicht von 46 kg. Die Mutter der Klägerin ist 155 cm und der Vater ist 177 cm groß; die Geschwister haben eine durchschnittliche Körpergröße.
Gegenüber der Beklagten beantragte die Klägerin am 19. Juli 2017 die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung. Hierzu sollten die Oberschenkel- bzw Unterschenkelknochen durchtrennt werden mit nachfolgender Implantation eines Verlängerungssystems, welches eine Dehnung von Knochen und Weichgewebe auf die gewünschte Größe erreicht. Hierfür legte die Klägerin einen Bericht von Prof H. mit entsprechender Therapieempfehlung vor, wonach es der Traum der Klägerin sei, wenigstens eine Körpergröße zwischen 160 cm und 165 cm zu erreichen. Ferner war ein psychodiagnostisches Gutachten des Dipl Psychologen Dr. I. beigefügt. Aufgrund der kleinen Körpergröße habe die Klägerin immer wiederkehrende depressive Phasen. Sie erlebe Behinderungen im Alltag in Form einer zu hohen Umgebung (Treppenstufen, Stühle, Waschbecken, Spiegel, Schränke etc). Hierzu komme die Erfahrung von der Umwelt nicht als vollwertig wahrgenommen zu werden.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der sozialmedizinischen Begutachtung. Dieser führte mit Stellungnahme vom 26. Juli 2017 aus, dass keine Hinweise auf eine Erkrankung im Sinne des Gesetzes gegeben seien. Eine Beinverlängerung sei daher nicht notwendig.
Mit Bescheid vom 4. August 2017 lehnte die Beklagte den Antrag. Zur Begründung stützte sie sich auf die Stellungnahme des MDK.
Die Klägerin erhob Widerspruch und legte zur Begründung eine Bescheinigung des Klinikums J. Nord vom 25. September 2017 vor, wonach die Klägerin wegen eines Kleinwuchses seit 2012 bis einschließlich August 2016 in Betreuung gewesen sei. Sie habe nun eine Endgröße von 149,8 cm und sei damit deutlich kleinwüchsig. Sie leide unter ihrer kleinen Größe. Eine kontinuierliche Betreuung wie auch ein erheblicher Leidensdruck sei zu bestätigen. Der daraufhin erneut beauftragte MDK führte mit Stellungnahme vom 16. Oktober 2017 aus, dass der Wunsch der Versicherten nach einer Beinverlängerung allein nicht ausreichend sei um diese eingreifende Operation zu begründen. Es liege kein krankheitswertiger Zustand vor und auch eine Entstellung im rechtlichen Sinne liege nicht vor. Nach Abwägung aller Komplikationsmöglichkeiten einer operativen Behandlung sei die Maßnahme nicht als medizinisch indiziert zu bewerten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Definitionsgemäß beginne Kleinwuchs bei 150 cm; bei einer Körpergröße von 149,8 cm liege daher keine erhebliche Kleinwüchsigkeit vor und dies stelle damit auch keinen eindeutig krankheitswertigen Zustand dar.
Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben.
Die Klägerin hat am 01. März 2018 Klage erhoben. Sie ist im Wesentliche der Ansicht, dass eine Krankheit hinsichtlich ihrer Kleinwüchsigkeit vorliege, da nur 3 Prozent der erwachsenen Frauen eine Körpergröße unter 150 cm hätten und somit eine Normabweichung bzw. ein regelwidriger Zustand gegeben sei. Zudem habe sie psychische Reaktionen herausgebildet, die einen krankhaften Zustand darstellen würden; eine psychotherapeutische Behandlung sei gutachterlicherseits empfohlen worden. Im Zusammenhang mit dem Kleinwuchs lägen deutliche, zumindest psychische Funktionsstörungen vor. Sie bewerte ihr äußeres Erscheinungsbild, insbesondere durch die Körpergröße, als entstellend, was sich auch objektiv daraus ergebe, dass ihre Körpergröße nur auf 3 Prozent der Frauen zutreffe. Auch sei ihre Berufswahl aufgrund ihrer Körpergröße eingeschränkt. Sie habe z.B. eine Ablehnung für die Ausbildung als Pilotin erhalten, da sie nicht über die erforderliche Körpergröße verfüge. Die Klägerin legte ein Schreiben von Herrn Dr. K. vom 07. August 2019 vor, in dem dieser im Wesentlichen ausführt, dass nach der Referenzseite des L. Instituts die 3. Perzentile bei 154,0 cm liege und die Klägerin damit deutlich unterhalb der 3. Perzentile liege und somit natürlich kleinwüchsig sei. Die Kläg...