Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunft. fehlender Mietspiegel. Erstellung einer Wohnkostentabelle. Anwendung der Wohngeldtabelle im Ausnahmefall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an die vom Grundsicherungsträger zu erstellenden Wohnkostentabellen, wenn kein Mietspiegel existiert.

2. Mangels valider Mietdatenbanken (hier: Landkreis Celle) ist die Angemessenheit von Wohnkosten ausnahmsweise in Anlehnung an die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 WoGG 2 zuzüglich eines Zuschlags von 10% festzusetzen (Bestätigung von LSG Celle-Bremen vom 24.4.2007 - L 7 AS 494/05 = info also 2007, 178).

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. April 2007 aufgehoben. Die Bescheide der Beklagten vom 29. März 2006, 12. Mai 2006 und 02. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2006 werden geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01. April bis zum 30. September 2006 Unterkunftskosten ohne Heizung in Höhe von 451,00 € monatlich zu gewähren.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind nur noch die Kosten für Unterkunft ohne Heizung für den Zeitraum vom 01. April bis zum 30. September 2006 streitig.

Die Kläger haben in der Gemeinde H. zusammen gewohnt, im Streitzeitraum zum Teil als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Beklagte gewährte den Klägern ab 01. April 2005 für ein zunächst angemietetes Einfamilienhaus in der I. Unterkunftskosten in Höhe von 602,38 € monatlich (Bescheid vom 07. März 2005). Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass ab 01. Oktober 2005 angemessene Kosten der Unterkunft nur noch für einen 3-Personen-Haushalt mit einer maximalen Wohnungsgröße von 75 m² übernommen werden. Ab 15. April 2005 zogen die Kläger deshalb in eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 94,3 m² in H., J. um. Für diese neue Wohnung waren neben der hier nicht streitigen Garagenmiete und der Heizkostenpauschale eine Kaltmiete von 368,00 € sowie Nebenkosten von 83,00 € monatlich zu zahlen. Der Beklagte sicherte durch Bescheid der Gemeinde H. vom 18. Mai 2005 die Übernahme der notwendigen Umzugskosten zu.

Für den Leistungsabschnitt vom 01. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 setzte der Beklagte für die Kläger zu 1) und 2) entsprechend der früheren Ankündigung die Unterkunftskosten anteilig auf 270,85 € monatlich fest (Bescheid vom 21. September 2005). Soweit ersichtlich wurde diese Bewilligungsentscheidung bestandskräftig. Mit Bescheid vom 29. März 2006 bewilligte die Beklagte für den Leistungszeitraum vom 01. April bis zum 30. September 2006 für die Kläger zu 1) und 2) anteilige Unterkunftskosten zunächst in Höhe von 268,27 € monatlich. Dieser Bescheid wurde später aufgehoben.

Mit dem hier streitigen Bescheid vom 12. Mai 2006 setzte der Beklagte für den Zeitraum vom 01. April bis zum 30. September 2006 für die Kläger zu 1) und 2) nach Abzug eines Mietanteiles von einem Drittel für den Kläger zu 3), der nach Auffassung des Beklagten entweder eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildete oder eigenes Einkommen bezog, anteilige Unterkunftskosten in Höhe von 278,88 € monatlich fest. Er legte dabei eine 75 m² große Wohnung bei einem Mietzins von 4,09 € pro m² sowie Nebenkosten in Höhe von 73,03 € und Heizkosten von 38,54 € zugrunde. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein, weil die Unterkunftskosten in voller Höhe zu übernehmen seien und der Kläger zu 3) ab 01. Mai 2006 kein Einkommen mehr beziehe. Mit Änderungsbescheid vom 02. August 2006 gewährte der Beklagte ab 01. August 2006 Unterkunftskosten in Höhe von 418,32 € monatlich unter Berücksichtigung des Klägers zu 3) als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2006 wies der Beklagte den Widerspruch ohne Berücksichtigung und Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 02. August 2006 als unbegründet zurück.

Am 11. September 2006 wurde Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg am 27. April 2007, an der die Kläger nicht teilgenommen haben, hat der Beklagte Unterkunftskosten nach der rechten Spalte der Wohngeldtabelle, Mietstufe II, 3-Personen-Haushalt, in Höhe von 410,00 € monatlich anerkannt. Daraufhin hat das SG Lüneburg mit Urteil vom 27. April 2007 die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger Unterkunftskosten bis zu einem Wert von 273,33 € begehre, sei die Klage unzulässig, weil der Beklagte zwischenzeitlich diese Kosten anteilig anerkannt habe. Soweit der Kläger darüber hinausgehende Unterkunftskosten begehre, sei die Klage unbegründet, weil der Beklagte auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle zurückgegriffen habe, was der Spruchpraxis des SG entspreche.

Am 22. Mai 2007 haben die Kläger Berufung eingelegt und verlangen vom Beklagten die Übernahme der vollen Mietzahlung abzüglich geleisteter Zahlungen und der Garagenmiete. Im Übri...

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