Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Anspruch auf Versorgung mit einer zweiten Korrektur-Operation der weiblichen Brust mittels Lipofilling zum Ausgleich einer Volumenasymmetrie
Orientierungssatz
1. Ist eine krankheitsbedingt erforderliche Rekonstruktion der weiblichen Brust durch die bewilligte Brustrekonstruktion nicht vollständig gelungen und die Krankheit nicht vollständig beseitigt, so ist die Krankenkasse zum weiteren Ausgleich der Volumenasymmetrie zur Bewilligung einer zweiten Operation verpflichtet.
2. Die Frage, ob eine operative Nachkorrektur erforderlich ist, fällt vornehmlich in den Entscheidungsbereich der behandelnden Ärzte.
3. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn die Nachkorrektur ausschließlich einer kosmetischen Indikation folgt.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 7. August 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist bei den Beteiligten, ob die Klägerin Anspruch auf ein zweites Lipofilling der linken Brust zum Ausgleich einer Volumenasymmetrie hat.
Die 1988 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an einer Anlagestörung der linken Brust mit tubolärer Fehlbildung, Stadium II bis III (vgl. Bericht E. vom 27. April 2018). Am 4. Dezember 2017 erfolgte die Rekonstruktion der linken Brust mit glanulärer Rotationslappenplastik und Autoaugmentation mittels Lipotransfer vom Unterbau und den Flanken (204 ml) sowie ausgleichender periareolärer Straffung rechts und Neupositionierung der Submammafalte links.
Die Übernahme der Kosten für eine erste Rekonstruktion der Brust erfolgte aufgrund eines begünstigenden Bescheides der Beklagten vom 11. Oktober 2017. In diesem Bescheid heißt es, dass die Kosten der Rekonstruktion der Brust links mittels subpektoralem Implantats sowie Angleichung der rechten Seite mittels Pexie im Rahmen einer stationären Behandlung im F. übernommen würden. Die Bewilligung basierte auf einem im Antragsverfahren vorgelegten Bericht des G. Klinikums vom 21. Juni 2017. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf diesen Bericht Bezug genommen.
Anlässlich einer Verlaufskontrolle am 6. April 2018 stellte die Chefärztin des E., Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Ästhetik, Dr. H. fest, dass sich auf der linken Seite eine gute Auffüllung der beiden unteren Quadranten zeige, insbesondere im lateralen oberen und unteren Quadranten bestehe eine natürliche Form. Der Abstand der Submamafalte betrage rechts 8, links 8 cm. Im Vergleich zum präoperativen Befund sei auf der linken Seite der Abstand 6,5 cm. Der Mamillen-Submammarfalten-Abstand rechts habe 23, links 22 cm betragen und sei somit 0,5 cm größer als präoperativ. Es wurde die Empfehlung zu einem weiteren Ausgleich der Volumenasymmetrie mittels eines zweiten Lipofilling der linken Brust ausgesprochen. Aufgrund der aufwändigen Rekonstruktion sei bei der Primäroperation am 4. Dezember 2017 ein Volumen von 204 ml Eigenfett transplantiert worden. Die Patientin sei schon über die OP-Risiken und Abläufe informiert worden. Der Eingriff sollte ebenfalls im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthalts stattfinden. Die zweite Sitzung des Lipofilling war ursprünglich für August 2018 geplant.
Unter dem 14. Mai 2018 beantragte die Klägerin für die zweite Operation eine Kostenübernahme bei der Beklagten. Sie verwies dabei auf den Bericht vom 6. April 2018.
In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 28. Mai 2018 heißt es, dass nicht die Maßnahme durchgeführt worden sei, die bewilligt worden sei. Durch ein autonomes Handeln des Krankenhauses sei eine andere, außervertragliche Leistung zum Tragen gekommen, die nicht bewilligt worden sei. Auf Nachfragen habe die Versicherte erklärt, dass sie eigentlich die Lipomaßnahme (Lipofilling) nicht gewollt habe. Jedoch haben ihr die Ärzte dazu geraten. Gleichzeitig habe die Ärzte ihr versichert, dass eine mögliche Resektion des Eigenfettes und eine demzufolge neue Notwendigkeit einer weiteren Operation kein Problem sei, die KK müsste dann immer wieder zahlen, wenn das einmal bewilligt worden wäre.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) unter folgender Fragestellung ein: Die 2017 beantragte Brustkorrektur-Operation habe stattgefunden, sei jedoch nicht analog der Kostenzusage ausgeführt worden. Demzufolge sei die Rekonstruktion der linken Brust offenbar nicht abgeschlossen. Es werde um Beurteilung gebeten, ob die medizinische Notwendigkeit für eine weitere Angleichung der linken Brust vorliege. Es seien ggf. operative Möglichkeiten in diesem Zusammenhang zu benennen. In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme hat der Sachverständige des MDK unter dem 31. Mai 2018 mitgeteilt, dass es richtig sei, dass das Lipofilling zunächst den Charakter einer außervertraglichen Leistung habe. Da jedoch im Rahmen des § 137c SGB V auch außerv...