Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem für ein Krankenhaus tätigen Arzt
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Trägt ein für ein Krankenhaus tätiger Arzt kein relevantes unternehmerisches Risiko, ist er in die Betriebsabläufe des Krankenhauses eingegliedert, untersteht er dabei einem Weisungsrecht und ist er vollschichtig eingesetzt, so ist von dem Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen.
3. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass weder ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht, keine wesentlich ins Gewicht fallende Bedeutung zu.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 25. Juli 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen in ihrer Tätigkeit im Monat September 2009 als Internistin im Klinikum der Klägerin.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus i.S. des § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Seit November 2005 (Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2006) ist die Beigeladene auf ihren Antrag nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Im Monat September 2009 war sie für die Klägerin als Internistin tätig. Davor und danach war die Klägerin für andere ärztliche Einrichtungen tätig. Unter Einschaltung der Online-Ärztevermittlung J. hatte die Beigeladene mit der Klägerin einen Honorararzt-Vertrag für die Zeit vom 1. bis 30. September 2009 geschlossen. In dem Vertrag war Folgendes geregelt:
Ҥ 1 Vertragsgegenstand
Der Auftraggeber beauftragt den Auftragsnehmer mit der selbständigen ärztlichen Betreuung und Behandlung von Patienten in der Abteilung Innere Medizin. Die erteilten Aufträge des Auftraggebers führt der Auftragnehmer in eigener Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer unterliegt grundsätzlich keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens des Auftraggebers. Er hat jedoch die fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
§ 2 Vertragszeitraum
Das Vertragsverhältnis beginnt am 1.09.2009 und endet am 30.09.2009. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
§ 3 Ablehnungsrecht des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer hat das Recht einzelne Aufträge ohne Angaben von Gründen abzulehnen.
§ 4 Verhältnis des Auftragnehmers zu Dritten…
§ 5 Vergütung und Unterkunft
Der Auftragnehmer erhält für seine nach § 1 des Vertrages erbrachte ärztliche Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 60,00 € pro Stunde Tagesdienst. Rufbereitschaftsdienste werden mit 12,5 % des Stundenhonorars zzgl. des normalen Stundensatzes für Aktivstunden vergütet. Pro Rufbereitschaft werden bei Einsatz einmalig 3 volle Stunden zum Stundensatz des Tagesdienstes berechnet, sofern die Gesamteinsatzzeit diese Stundenzahl pro Rufdienst unterschreitet.
Eine angemessene Unterkunft stellt der Auftraggeber unentgeltlich zur Verfügung. Die Teilnahme an der Mitarbeiterverpflegung während des Einsatzes ist nicht kostenlos. Das Honorar ist nicht umsatzsteuerpflichtig und innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungstellung ohne Abzüge zu zahlen.
§ 6 Aufwendungen
Der Auftragnehmer ist selbständig und versichert sich daher selbst hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung sowie Altersvorsorge. Die hierfür entstehenden Kosten kann er dem Auftraggeber nicht in Rechnung stellen. Reisekosten trägt ebenfalls der Auftragnehmer. Für passende Dienstkleidung sorgt grundsätzlich der Auftragnehmer. Der Auftragnehmer ist selbst für die ordnungsgemäße steuerliche Veranlagung seiner Einkünfte verantwortlich.
§ 7 Geheimhaltung …
§ 8 Haftung
Der Auftragnehmer haftet dem Auftraggeber im Rahmen der gesetzlichen Haftpflicht für Schäden, die er im Zusammenhang mit der Auftragstätigkeit dem Auftraggeber zufügt. Für die persönliche gesetzliche Haftpflicht des Auftragnehmers besteht im Rahmen der vom J. vermittelten ärztlichen Tätigkeit beim Auftraggeber Berufs-, Haftpflicht-Versicherungsschutz über J.. …
§ 9 Sonstiges…
§ 10 Schlussbestimmung…„
Für ihre Tätigkeit im Mo...