Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 5103. Hautkrebs. arbeitstechnische Voraussetzung. versicherte berufsbedingte Sonneneinstrahlung. Erhöhung der privaten UV-Strahlenbelastung um mindestens 40 vH. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. wesentliche Bedingung. wesentliche Teilursache. Nichtberücksichtigung einer nicht versicherten Berufstätigkeit. angestellter Fährführer. spätere Tätigkeit als selbstständiger Fährmann
Leitsatz (amtlich)
Eine Hautkrebserkrankung kann eine Berufskrankheit nach Nr 5103 BKV Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung sein, wenn die versicherte berufsbedingte Sonneneinstrahlung zu einer Erhöhung der privaten Gesamtbelastung durch natürliche UV-Strahlen um mindestens 40 % geführt hat. Bei der Berechnung der privaten Gesamtbelastung ist eine Exposition durch eine nicht versicherte (selbstständige) Berufstätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 29. November 2016 aufgehoben.
Der Bescheid der BG Verkehr vom 10. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 17. Juni 2016 wird abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr 5103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte hat die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit (BK) nach der Nr 5103 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1959 geborene Kläger war - nach einer Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter im Bundesgrenzschutz von 1975 bis 1977 und der Ausbildung in einer Kfz-Werkstatt von 1977 bis 1979 - von Anfang 1980 bis Ende 1997 als angestellter Fährführer beschäftigt und beförderte in dieser Zeit Personen und Fahrzeuge auf einer Gierseilfähre bei F. (Landkreis G.) von einem Ufer der H. zum anderen. Seit 1998 betrieb er den Fährbetrieb als Selbstständiger, ohne freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Unfallversicherung zu sein.
Erstmals Anfang Dezember 2011 wurden bei ihm Plattenepithelkarzinome an der linken Schläfe und am Rand der rechten Ohrmuschel diagnostiziert (histologischer Bericht der Dermatopathologie I. vom 6. Dezember 2011). In den folgenden Jahren wurde ein weiteres Plattenepithelkarzinom an der linken Ohrmuschel sowie aktinische Keratosen an beiden Handrücken, der linken Schläfe und der rechten Wange festgestellt. Der behandelnde Hautarzt Dr. J. erstellte daraufhin unter dem 13. März 2015 eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine BK.
Die BG für Transport und Verkehrswirtschaft (als Rechtsvorgängerin der Beklagten; im Folgenden: BG Verkehr) holte daraufhin eine präventionsdienstliche Stellungnahme zur beruflichen Exposition gegenüber der natürlichen UV-Strahlung ein, die zum Ergebnis kam, der Kläger sei in der Zeit von 1980 bis 1997 einer Einwirkung von 3020 Standard-Erythemdosen (SED) ausgesetzt gewesen. Dies entspreche einem Anteil von ca 45 % der privaten UV-Strahlungsexposition von 6760 SED, sodass der berufliche Mindestexpositionsanteil von 40 % überschritten sei. Die BG Verkehr vertrat demgegenüber die Auffassung, die auf die selbstständige Tätigkeit als Fährführer entfallende UV-Exposition von ca 2187 SED sei dem privaten Anteil hinzuzurechnen, sodass die errechnete berufliche Belastung von 3020 SED unterhalb des geforderten Schwellenwertes liege.
Unter Hinweis hierauf lehnte es die BG Verkehr mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 ab, die Hauterkrankung als BK nach Nr 5103 der BK-Liste bzw als eine Wie-BK anzuerkennen. Gegen die Ablehnung der BK Nr 5103 legte der Kläger am 7. Januar 2016 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er sich auf die Expositionsbewertung des Präventionsdienstes und eine zwischenzeitlich vorgelegte gewerbeärztliche Stellungnahme der Arbeitsmedizinerin K. berief. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2016 als unbegründet zurück, weil ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den beruflichen Tätigkeiten des Klägers und seiner Hauterkrankung nicht mit der in der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 6. Juli 2016 Klage erhoben, die am 7. Juli 2016 beim Sozialgericht (SG) Hildesheim eingegangen ist. Die bei ihm festgestellte Hauterkrankung sei Folge der andauernden UV-Belastung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als angestellter Fährführer. Zur Begründung bezog er sich auf die gewerbeärztliche Stellungnahme, in der ausgeführt worden sei, dass eine zusätzliche außerberufliche UV-Belastung nicht dem UV-Referenzbasiswert hinzugerechnet werden könne. Außerdem hätte auch die Tätigkeit beim Bundesgrenzschutz von Juli 1975 bis November 1977 berücksichtigt werden müssen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. November 2016 abgewiesen. Die arbeitstechnischen Vorau...