Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des hinterbliebenen eingetragenen Lebenspartners eines verstorbenen Landwirts auf Gewährung der Hinterbliebenenrente unter Einbeziehung eines Zuschlags nach § 97 ALG

 

Leitsatz (amtlich)

Der hinterbliebene Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft konnte bereits nach Maßgabe der früheren Bestimmung des § 14a ALG eine Hinterbliebenenrente unter Einbeziehung eines Zuschlages nach § 97 ALG beanspruchen, wenn der verstorbene Lebenspartner seinerseits einen solchen Zuschlag bezogen hatte.

 

Orientierungssatz

Der Gesetzgeber hat keinen Anlass gesehen, die Gewährung eines Zuschlages auf eine Hinterbliebenenrente nach Maßgabe des § 97 Abs 5 ALG davon abhängig zu machen, ob die den Hinterbliebenenrentenanspruch begründende Ehe bzw Lebenspartnerschaft bereits vor 1995 bestanden hat.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte die dem Kläger ab dem 1. Juli 2010 gewährte Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates neu zu berechnen hat.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch aus dem Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung zur Neuberechnung der dem Kläger gewährten Hinterbliebenenrente.

Am 28. August 2008 begründete der am 29. April 1955 geborene Kläger mit dem am 2. April 1934 geborenen Versicherten vor dem Standesbeamten in I. eine Lebenspartnerschaft.

Als langjähriger Landwirt hatte der Versicherte bis 1999 insgesamt 22 Beitragsjahre in der landwirtschaftlichen Alterssicherung zurückgelegt; seit September 1999 stand er im Bezug der Regelaltersrente. Die Rente war in Anwendung des § 97 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte um einen Zuschlag erhöht worden.

Am 10. Juni 2010 verstarb der Versicherte. Dem im Juli 2010 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2010 dem Grunde nach und bewilligte dem Kläger eine nach Maßgabe des § 23 ALG berechnete Hinterbliebenenrente in Höhe (ab Oktober 2010) eines monatlichen Bruttobetrages von 154,22 €. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung dieser Rente um einen Zuschlag nach § 97 ALG sah die Beklagte hingegen nicht für gegeben an. Die Gesetzgeber habe die Nichtanwendung des § 97 ALG auf Hinterbliebenenrenten der vorliegend zu berechnenden Art dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er von einer redaktionellen Anpassung der §§ 97, 99 ALG abgesehen habe. Vertrauensschutzerwägungen ständen diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. § 97 ALG verfolgte das Ziel, in dem dort beschriebenen Umfang das Vertrauen in den Bestand von Rentenanwartschaften zu stützen, die bereits vor dem Inkrafttreten des ALG zum 1. Januar 1995 nach Maßgabe der früheren Regelungen des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) begründet worden seien. Das GAL habe aber noch gar keine Hinterbliebenenrente für Lebenspartner vorgesehen.

Mit der am 28. Dezember 2010 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente einen Anspruch auf Gleichstellung mit den Hinterbliebenenrentenansprüchen eines verheirateten Ehegatten habe.

Mit Urteil vom 15. Juli 2013, der Beklagten zugestellt am 25. September 2013, hat das Sozialgericht Braunschweig die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zur Neuberechnung der dem Kläger gewährten Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung eines Zuschlages nach § 97 ALG und eines “Verheiratetenzuschlages„ verpflichtet. Nach seiner Auffassung ist in diesem Sinne eine verfassungskonforme Norminterpretation geboten. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Lebenspartner von einer Rentenberechnung in Anwendung des § 97 ALG habe ausnehmen wollen.

Mit der am 14. Oktober 2013 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass eine Berechnung der Hinterbliebenenrente an Lebenspartner ohne Berücksichtigung eines Zuschlages nach § 97 ALG zu erfolgen habe. § 97 ALG habe lediglich das Vertrauen in den bis zum 31. Dezember 1994 bestehenden Rechtszustand schützen wollen; jener historische Rechtszustand habe aber noch keine Hinterbliebenenrente an Lebenspartner gekannt.

Auf Aufforderung des Senates hat die Beklagte eine Probeberechnung vorgelegt, wonach unter der Annahme einer Anwendbarkeit des § 97 ALG der sich aus § 23 ALG ergebende Hinterbliebenenrentenanspruch im vorliegenden Fall um rund 57 % (entsprechend einer Erhöhung der nach § 23 ALG maßgeblichen Steigerungszahl von 22,3244 um einen Zuschlag nach § 97 ALG im Umfang von 12,7580) erhöhen würde.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 15. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Seiner Auffassung nach hat die Beklagte auch im Berufungsverfahr...

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