Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Einbeziehung von Daten über Bestandsmieten
Leitsatz (amtlich)
1. Ermittelt der Leistungsträger die Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ausschließlich unter Berücksichtigung von Angebotsmieten und ohne Bestandsmieten, handelt es sich wegen fehlender Repräsentativität der Daten nicht um ein schlüssiges Konzept im Sinne der BSG-Rechtsprechung (Anschluss an LSG Celle-Bremen vom 24.5.2018 - L 8 SO 193/13; Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BSG vom 28.1.2019 - B 8 SO 41/18 B).
2. Dass im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Aufwendungen auch auf Bestandsmieten abzustellen ist, ist vom BSG in jüngerer Zeit nochmals ausdrücklich bestätigt worden und daher nicht (mehr) klärungsbedürftig (BSG vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R = BSGE 125, 29 = SozR 4-4200 § 22 Nr 93, RdNr 17 unter Bezugnahme auf die Regelung des § 22c Abs 1 Satz 3 SGB II; so auch BSG vom 28.1.2019 - B 8 SO 41/18 B = juris RdNr 6).
3. Ein solches Konzept beinhaltet auch nicht deswegen Bestandsmieten, weil davon auszugehen ist, dass Wohnungen mit den in Vergangenheit erhobenen Angebotsmieten zu diesem Preis vermietet worden sind. Es handelt es sich dabei nicht um Bestandsmieten im Sinne eines schlüssigen Konzeptes, weil weder bekannt noch plausibel nachzuvollziehen ist, welche der angebotenen Wohnungen tatsächlich zu welchen konkreten Konditionen vermietet worden sind.
4. Wählt der Leistungsträger bewusst eine Methode, die ausschließlich Angebotsmieten ohne eine Begrenzung auf ein bestimmtes Wohnungsmarktsegment berücksichtigt, handelt es sich bei einer beabsichtigten nachträglichen Berücksichtigung der Bestandsmieten von Transferleistungsempfängern nicht um eine Nachbesserung des bereits vorhandenen Konzeptes, sondern um eine schon im Ansatz andere Herangehensweise. Zudem fehlt es an der Vergleichbarkeit dieser Daten.
Nachgehend
Tenor
Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Hildesheim vom 5. Dezember 2013 zum Aktenzeichen S 46 AS 966/11 wird wie folgt berichtigt:
Der Beklagte wird verurteilt, jedem der Kläger im Leistungszeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2011 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 18,32 Euro zu erbringen.
Im Übrigen bleibt der Tenor unverändert.
Der 3. Absatz auf Seite 13 des Urteils vom 5. Dezember 2013 wird wie folgt berichtigt:
663,50 statt 633,50 (7. Zeile)
91,60 statt 61,60 (7. Zeile)
18,32 statt 12,32 (8. Zeile)
439,68 statt 295,68 (9. Zeile).
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (KdUH) im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Leistungszeitraum Februar bis Juli 2011. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung durch das Sozialgericht (SG) Hildesheim mit Urteil vom 5. Dezember 2013 zur Gewährung weiterer KdUH unter Berücksichtigung der tatsächlich zu entrichtenden Bruttokaltmiete.
Die 1970 geborene Klägerin zu 1. und ihre drei Kinder, die 1993, 1994 und 1995 geborenen Kläger zu 2. bis 4. standen seit dem Jahr 2006 bis zu ihrem Wegzug nach Düsseldorf im Jahr 2013 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Zur Haushaltsgemeinschaft gehörte zudem ein weiteres, 2003 geborenes Kind der Klägerin zu 1., das seinen Bedarf über Einkommen aus Unterhalt, Kindergeld und Wohngeld decken konnte. Die Familie bewohnte seit dem 1. November 2009 eine 105,00 qm große Wohnung in der O. Str. 11 A in P., für die KdUH, auch im hier streitigen Zeitraum, i.H.v. 753,50 Euro insgesamt - Bruttokaltmiete 663,50 Euro einschließlich der Kosten für die Bereitstellung eines Kabelanschlusses (3,50 Euro) zzgl. Heizkosten (90,00 Euro) - zu entrichten waren (vgl. Mietvertrag vom 1. September 2009, Bl. 429 ff. der Verwaltungsakte - VA -). Der Beklagte berücksichtigte die Bruttokaltmiete zunächst in tatsächlicher Höhe (vgl. Widerspruchsbescheid vom 14. April 2010, Bl. 747 ff. VA) und zwar bis einschließlich Oktober 2010. Ab November 2010 berücksichtigte der Beklagte die Bruttokaltmiete nur noch in Höhe des von ihm als angemessen erachteten Betrages von 571,90 Euro (vgl. Bl. 999 VA). Bereits mit Schreiben vom 13. April 2010 hatte der Beklagte auf die nach seiner Auffassung angemessene Bruttokaltmiete (zu diesem Zeitpunkt höchstens 570,00 Euro) für einen 5-Personen-Haushalt unter Zugrundelegung einer maximal angemessenen Wohnfläche von 95,00 qm hingewiesen (Bl. 772 ff. VA).
Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 bewilligte der Beklagte den...