Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. freiwillige Versicherung. keine einkommensmindernde Berücksichtigung von Altenteilszahlungen an die Eltern

 

Orientierungssatz

Altenteilszahlungen an die Eltern sind bei der Ermittlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrage eines freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2020; Aktenzeichen B 12 KR 31/19 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 18. April 2017 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Streitig ist, ob Altenteilszahlungen an seine Eltern einkommensmindernd bei der Ermittlung der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist seit 2008 als hauptberuflich Selbstständiger freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Er bezieht Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit, aus der Ausübung eines Gewerbes, aus Kapitalerträgen und aus Erträgen einer Land- und Forstwirtschaft.

Der Kläger schloss am 8. August 2011 mit seinen Eltern einen Übergabevertrag. Danach war der Abgeber Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts J. von K. Bl 267 eingetragenen landwirtschaftlichen Betriebes mit der Hofstelle in J., OT K. Es handelt sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung. Dieser Grundbesitz hat eine Größe von ca 38 ha und einen Einheitswert von 147.700 DM = 75.117,81 Euro. Nach § 1 des Vertrages übertrug der Abgeber unter ausdrücklicher Zustimmung seiner Ehefrau gemäß § 1365 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) seinen Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Annehmer (den Kläger), der diese Vermögensübertragung annahm. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass das Eigentum an dem im vorgenannten Grundbuch eingetragenen Hof auf den Annehmer übergeht und beantragten, diesen als neuen Eigentümer in das Grundbuch einzutragen. § 2 regelt den Umfang der Übertragung, § 3 und § 4 die Lasten. Nach § 5 I gewährt der Annehmer dem Abgeber und der Ehefrau des Abgebers als Gesamtberechtigten gemäß § 428 BGB ein nachstehend näher beschriebenes lebenslängliches Altenteilsrecht und beantragt mit ihnen die Eintragung dieses Altenteilsrechts an bereiter Rangstelle auf dem ihm vorstehend aufgelassenen Flurstücken 18/14 und 18/15 jeweils der Flur 2 der Gemarkung K. Die Altenteiler erhalten nach § 5 I Nr 1, 3 und 6 ua frei das alleinige Wohnrecht gemäß § 1093 BGB an sämtlichen Zimmern im Erdgeschoß des Hauses K., L. sowie Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages in Höhe von 400 Euro beginnend mit dem Monat Juli 2011 und die auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten (Wasser, Strom, Heizung, Abwasser, Müll uä). Diese beliefen sich 2015 auf 219,75 Euro monatlich.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2014 setzte die Beklagte Beiträge für den Kläger ab 1. Juni 2014 in Höhe von insgesamt 504,04 Euro (Krankenversicherung: 443,08 Euro; Pflegeversicherung 60,96 Euro) auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 2.973,67 Euro fest.

Im April 2015 übersandte der Kläger den Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes M. vom 1. April 2015 für das Jahr 2013. Darin hatte das Finanzamt ua als unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben im Kalenderjahr 2013 im Veranlagungszeitpunkt abziehbare Versorgungsleistungen (in Höhe von 7.437 Euro) berücksichtigt. Der Kläger bat um Beachtung, dass den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die zu leistenden Altenteilsleistungen infolge der Hofübergabe entgegenstünden. Der Gesamtbetrag der Altenteilsleistungen habe in 2013 insgesamt 7.437 Euro betragen. Die Altenteilsleistungen seien im Steuerbescheid als Versorgungsleistungen ausgewiesen und in Abzug gebracht worden. In Höhe des Altenteils könnten die Einnahmen aus dem Betrieb nicht für den Lebensunterhalt verbraucht werden, so dass die Altenteilsleistungen bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen in Abzug zu bringen seien.

Mit Bescheid vom 8. Mai 2015 setzte die Beklagte die Beträge ab 1. Mai 2015 wie folgt fest: Krankenversicherung 454,93 Euro, Zusatzbeitrag 26,00 Euro, Pflegeversicherung 76,36 Euro, insgesamt 557,29 Euro. Sie legte Einnahmen in Höhe von 3249,50 Euro zugrunde. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2015 Widerspruch ein, da er über geringere beitragspflichtige Einnahme verfüge. Die Höhe der zugrunde gelegten Gesamteinnahmen lasse darauf schließen, dass bei der Ermittlung der Beitragsbemessung fehlerhaft kein Abzug der Altenteilsleistungen vorgenommen worden sei. Der Übergabevertrag vom 8. August 2011 liege der Beklagten vor. Die Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebes sei gegen die zwingende Verpflichtung zur Erbringung der Altenteilsleistungen an die Eltern erfolgt. Lediglich die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb abzüglich der zu leistenden Altenteilsleistungen stünden für ...

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