Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungen zur Bildung und Teilhabe. Lernförderung. keine Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten zum geförderten Nachhilfeunterricht. kein Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB 2. Zumutbarkeit der Einsparung bzw Ansparung aus dem Regelbedarf. Zulässigkeit eines Teilanerkenntnisurteils bei Nichtannahme einer Teilanerkenntniserklärung durch die Klagepartei
Orientierungssatz
1. Die Kosten für Fahrten zum geförderten Nachhilfeunterricht eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende können nicht nach § 28 Abs 5 SGB 2 übernommen werden.
2. Fahrtkosten zum Nachhilfeunterricht stellen jedenfalls dann keinen Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB 2 dar, wenn der Umfang der monatlichen Aufwendungen für diese Fahrten nur geringfügig über dem im Regelbedarf eingerechneten monatlichen Pauschalbetrag für Verkehrsleistungen liegt.
3. Erkennt ein Grundsicherungsträger in einem sozialgerichtlichen Verfahren über Grundsicherungsleistungen einen Teil des geltend gemachten Anspruchs an, ist er, wenn der Kläger das Anerkenntnis nicht annimmt, ohne Prüfung des Vorliegens einer entsprechenden Leistungspflicht durch das Gericht entsprechend seines Anerkenntnisses durch Teilanerkenntnisurteil zu verurteilen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. August 2016 sowie der Bescheid des Beklagten vom 1. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2015 abgeändert. Der Beklagte wird entsprechend seines Teilanerkenntnisses vom 31. Mai 2016 verurteilt, an die Klägerin 6,85 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 12% der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Rahmen von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die Übernahme von Fahrtkosten zu insgesamt neun Terminen der Lernförderung im Zeitraum vom 19. März bis 21. Mai 2015.
Die am H. geborene Klägerin stand im streitbefangenen Zeitraum zusammen mit ihren Eltern und zwei Geschwistern im Bezug laufender Leistungen nach dem SGB II. Die Bedarfsgemeinschaft lebte in I.. Die Klägerin besuchte zum damaligen Zeitpunkt die 10. Klasse der J. in K..
Durch Bescheid vom 27. Februar 2015 hatte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 5 SGB II in Form von Lernförderung für die Fächer Physik und Mathematik bewilligt und einen entsprechenden Gutschein ausgestellt. Die Klägerin absolvierte in der Folge vom 19. März bis zum 21. Mai 2015 insgesamt neun Termine im Fach Mathematik bei der Volkshochschule L. (vgl. Bestätigung des Landkreises M. vom 22. Juli 2015 - Blatt 724 der Verwaltungsakte). Die Klägerin wurde zu den Terminen jeweils durch ihre Eltern mit deren Privat - PKW gebracht und wieder abgeholt. Sie war zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin einer Schülermonatskarte für den öffentlichen Personennahverkehr der Verkehrsgesellschaft Landkreis L. (N.). Die räumliche Gültigkeit dieser Monatskarte war bis K. begrenzt.
Am 30. April 2015 beantragten die Eltern der Klägerin als deren gesetzliche Vertreter bei dem Beklagten die Übernahme der durch die Fahrten zur Lernförderung entstandenen Kosten. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Juni 2015 ab. Bei diesen Kosten handele es sich nicht um eine Leistung für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 5 SGB II. Daher komme eine Übernahme nicht in Betracht.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 15. Juni 2015 Widerspruch. Die Fahrtkosten seien notwendigerweise mit der bewilligten Lernförderung verknüpft und daher durch den Beklagten zu übernehmen. Die einfache Entfernung zwischen Wohnort und Volkshochschule betrage ca. 16 Kilometer. Eine Anfahrt mit dem Bus sei nicht möglich gewesen, da L. außerhalb der Tarifzone ihrer Monatskarte liege. Zudem hätten einige Termine in den Ferien stattgefunden, sodass eine Fahrt mit dem Schulbus nicht möglich gewesen sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2015 als unbegründet zurück und führte ergänzend aus, dass auch eine Übernahme der Kosten nach § 21 Abs. 6 SGB II ausscheide. Die konkreten Kosten seien ferner bereits nicht nachgewiesen worden.
Die Klägerin hat am 16. Oktober 2015 bei dem Sozialgericht Hannover Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren bekräftigt. Es seien die tatsächlichen Fahrtkosten unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) zu erstatten. Eine Fahrt mit dem Bus sei ihr aufgrund der ungünstigen Taktung des Fahrplans und des zeitlichen Abstands zwischen dem Ende des Schulunterrichts und dem Beginn der Lernförderung nicht zumutbar gewesen.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat detailliert vorgetragen, dass an jedem der absolvierten neun Termine eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich und preiswerter gewesen wäre. Es s...