Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für Frauen. Anhebung der Altersgrenze. Vertrauensschutz. Stichtagsregelung. Rechtsänderungen durch das WFG bzw durch das RRG 1992. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Weder die Beschleunigung der Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente für Frauen durch das WFG noch die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers die Altersgrenzen der Altersrente für Frauen auf die Regelaltersgrenze anzuheben und die Altersrente für Frauen abzuschaffen verstößt nicht gegen das GG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten hinsichtlich der ihr bewilligten Altersrente für Frauen eine abschlagsfreie Rentenzahlung. Zur Begründung vertritt sie die Auffassung, dass die zu Abschlägen führenden gesetzlichen Regelungen zur Anhebung der Altersgrenzen verfassungswidrig seien.
Die im Dezember 1941 geborene Klägerin ist Mutter von vier Kindern (geb. 1963, 1965, 1969 und 1971). Sie hat zunächst den Beruf der Hotelfachfrau erlernt (1957-59). Nach einem Hochschulstudium (von 1988 bis 1992) ist sie promovierte Diplom-Sozialökonomin. Vom August 1994 bis zum September 1995 sowie ab Februar 1996 bis Dezember 1997 war die Klägerin arbeitslos und bezog zeitweise Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (heute: Bundesagentur für Arbeit). Nach zwischenzeitlicher Erwerbstätigkeit folgte erneut eine Zeit der Arbeitslosigkeit (ohne Leistungsbezug) bei gleichzeitiger Tätigkeit als freiberufliche Publizistin. - Die Klägerin bezieht eine Hinterbliebenenpension vom Land Niedersachsen.
Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind Kindererziehungszeiten (KEZ) gespeichert von 1963 bis 1972, sodann Pflichtbeiträge wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung von 1974 bis 1988, im Anschluss Zeiten der Hochschulausbildung von 1988 bis 1992 (Höchstdauerüberschreitung), Zeiten der Arbeitslosigkeit von 1994 bis 1995, von 1996 bis 1997 und im ersten Halbjahr 2001 sowie erneut Pflichtbeiträge von 1995 bis 1996 sowie von 1998 bis 2001. Daneben sind Kinderberücksichtigungszeiten (KBÜZ) festgestellt für die Zeit von 1963 bis 1981.
Im September 2000 hatte sich die Klägerin an die Beklagte gewandt und um Auskunft gebeten, wann sie frühestens eine Altersrente in Anspruch nehmen könne und ob sich ihre Rentenhöhe entscheidend verändern würde, wenn sie "noch einmal für 12 Monate eine Teilzeitstelle antreten" würde. Die Beklagte hatte die Anfrage zum Anlass genommen, die bisherigen Versicherungszeiten festzustellen und darüber den Bescheid vom 21. März 2001 erlassen. Dem Bescheid war außerdem eine Rentenauskunft beigefügt gewesen. Hierin hatte die Beklagte auf die Stichtagsregelung des 7. Mai 1996 in § 237 a Abs. 3 SGB VI hingewiesen. Danach finde eine Anhebung der Altersgrenzen mit einhergehendem Rentenabschlag nicht statt, wenn bis zum 7. Mai 1941 geborene Frauen (bereits) am 7. Mai 1996 arbeitslos waren oder deren Arbeitsverhältnis vor dem 7. Mai 1996 für einen Zeitpunkt nach dem 6. Mai 1996 gekündigt/beendet wurde.
Die Klägerin hatte gegen den Bescheid Widerspruch erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass sie die von der Beklagten in dem Bescheid und in der Rentenauskunft zugrunde gelegten gesetzlichen Regelungen zur Altersrente für Frauen (ARFrauen) für verfassungswidrig halte. So habe bereits die im Jahre 1992 eingeführte und rückwirkend geltende Voraussetzung von 10 Jahren Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung des 40. Lebensjahres einseitig nur Frauen diskriminiert. Hätte sie diese Regelung bei Aufnahme ihres Studiums im Jahre 1988 bereits gekannt, hätte sie die Studienaufnahme verschoben. Darüber hinaus erscheine die neue gesetzliche Regelung eines Stichtags am "7. Juni 1996" völlig willkürlich, der über die Vornahme oder Nichtvornahme von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der ARFrauen entscheide. Auch diese Regelung sei frauendiskriminierend und stelle eine soziale Härte dar. Sie könne auch nicht mit der Sicherung der gesetzlichen Rentenversicherungssysteme gerechtfertigt werden. Insgesamt stelle es eine systemwidrige Benachteiligung dar, wenn Frauen, die durch die Kindererziehung zum Erhalt des Rentensystems beigetragen hätten, durch die Einführung neuer gesetzlicher Regelungen benachteiligt würden.
Die Beklagte hatte in einem Hinweisschreiben ausgeführt, dass die Regelung der 10 Jahre Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung des 40. Lebensjahres nicht erst 1992 und rückwirkend, sondern bereits 1972 eingeführt worden sei. Bezüglich der Stichtagsregelung des "7. Juni 1996" bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken und die Vorschrift sei deshalb von den Rentenversicherungsträgern anzuwenden.
Daraufhin hatte die Klägerin den Widerspruch mit Schreiben vom 4. Juli 2001 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 1. August 2001 hatte sich die Klägerin erneut an die Beklagte gewandt und erklärt, die Rücknahme des Widerspruchs sei vorschnell erfolg...