Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt in Bremen. Angemessenheitsprüfung. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts für 2017 und 2018. fehlende Repräsentativität der Datenerhebung. Vermieterstruktur. Verhältnis zwischen Klein- und Großvermietern. Gewährung von Stadtteilzuschlägen. Mietobergrenzen des Konzepts oberhalb der Tabellenwerte nach § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag
Leitsatz (amtlich)
1. Der Bestimmung grundsicherungsrechtlich angemessener Kosten der Unterkunft in der Stadt Bremen lag für 2017 und 2018 kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung zugrunde.
2. Die Gewährung von Stadtteilzuschlägen innerhalb eines Vergleichsraums lässt die mit der Vergleichsraumbildung verfolgte Steuerungswirkung des örtlichen Wohnungsmarktes entfallen.
3. Liegen die nach dem Konzept des Leistungsträgers bestimmten Mietobergrenzen bereits oberhalb der Tabellenwerte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 %, führt dies bei Unschlüssigkeit des Konzepts nicht grundsätzlich zur Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Orientierungssatz
Eine Stichprobenauswertung kann nur dann als repräsentativ bezeichnet werden, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit entsprechend ihres Anteils in der Stichprobe enthalten sind bzw bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden (hier: Ungeklärtheit einer ausreichenden Berücksichtigung der Vermieterstruktur).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger 1/8 der Kosten des Widerspruchs- und des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Oktober 2017 bis September 2018 streitig.
Der 1960 geborene Kläger hat einen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirt (FH)/Verwaltungsjurist. Er arbeitete in der Vergangenheit u. a. in einem Amt für Soziale Dienste in den Bereichen Bundessozialhilfegesetz und Unterhaltsvorschussgesetz. Er bezog zunächst - von kurzen Unterbrechungen abgesehen - seit Februar 2007 Leistungen nach dem SGB II. Nach seinen Angaben vom 22. Februar 2007 lebte er bis zu diesem Zeitpunkt von Rücklagen, die er bei seiner Mutter deponiert hatte. Bereits seit dem 1. August 1989 bewohnt er in einem 862 qm großen Mehrfamilienhaus eine 88 qm große Wohnung mit 3 ½ Zimmern, 1 Küche und 1 Bad, die mit Fernwärme beheizt wird. Die Grundmiete betrug im streitbefangenen Zeitraum 490 € monatlich, die Vorauszahlung für Betriebskosten und Heizkosten nach den letzten Angaben des Klägers seit dem 1. Juni 2014 insgesamt 300 € monatlich, wobei die Vermieter auch auf ausdrückliche Nachfrage nicht mitteilten, welcher Anteil davon auf die Heizkostenvorauszahlung entfiel. Mit Nebenkostenabrechnung vom 20. August 2018 wiesen die Vermieter ebenso wie zuvor für die Jahre 2015 und 2016 auch für das Jahr 2017 ein Guthaben i. H. v. 421,22 € aus, welches sie nach den Angaben des Klägers nicht auszahlten. Eine Anpassung der Vorauszahlungen erfolgte nicht. Nach den weiteren Angaben des Klägers im Berufungsverfahren erhielt er von seiner Mutter, der K., in den Monaten Oktober 2017 bis November 2018 100 € monatlich als Überbrückungsdarlehen. Für denselben Zeitraum habe er von seinem Bruder, Herrn L., ein weiteres Überbrückungsdarlehen i. H. v. 50 € monatlich erhalten. Eine erste Tilgung gegenüber dem Bruder sei mit der Auszahlung des Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2015 im April 2017 erfolgt. Im Oktober 2017 floss dem Kläger eine Urlaubsabgeltung i. H. v. 168,67 € aus einem zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis zu.
Bereits mit einem Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2007 wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten (folgend Beklagter) den Kläger darauf hin, dass bei einem Einpersonenhaushalt eine Wohnungsgröße mit bis zu 50 qm und Heizkosten i. H. v. 1,10 € pro qm angemessen seien. Mit Schreiben vom 27. August 2008 teilte der Beklagte dem Kläger außerdem mit, dass die Mietkosten nach den seit dem 1. November 2007 geltenden Mietobergrenzen so hoch seien, dass sie nicht dauerhaft anerkannt werden könnten. Darüber fand am 11. September 2008 ein persönliches Gespräch mit dem Kläger statt, in dem er u. a. erklärte, dass er einen Umzug eigentlich vermeiden wolle, negative „Schufaeinträge“ habe und die Sozialsenatorin M. erklärt habe, dass niemand gezwungen werde, umzuziehen. Mit Schreiben vom 12. September 2008 teilte der Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf das geführte Gespräch mit, dass besprochen worden sei, langfristig eine Lösung zur Senkung der Unterkunftskosten zu finden, da diese deutlich über den Angemessenheitsgrenzen lägen. Eine aktuelle Übersicht zu den Mietobergrenzen fügte der Beklagte dem Schreiben b...