Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Nachweis für das Erreichen der erforderlichen Fortbildungspunktzahl. Kürzung der vertragsärztlichen Vergütung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Vertragsarzt kann und muss das Erreichen der erforderlichen Fortbildungspunktzahl bis zum letzten Tag des Vorquartals nachweisen, um eine Honorarkürzung im anschließenden Quartal zu vermeiden; solange dauert auch seine persönliche Verantwortung für die Erbringung des Nachweises.
Orientierungssatz
Die Kürzung der vertragsärztlichen Vergütung nach § 95d Abs 3 S 4 SGB 5 verletzt nicht den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 26. November 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 21.268 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen wegen einer Verletzung der Fortbildungs-(nachweis)pflicht.
Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesie und Rettungsmedizin in F. (Landkreis G.) niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) verminderte sein vertragsärztliches Honorar in den Honorarbescheiden für die Quartale III und IV/2009 sowie I und II/2010 wegen eines nicht erbrachten Fortbildungsnachweises jeweils um 10 vH. Die entsprechenden Honorarbescheide sind bestandskräftig geworden.
Aus demselben Grund kürzte die Beklagte seine Honorarabrechnungen für die Quartale III und IV/2010 jeweils um 25 vH (III/2010: 11.188,36 Euro; IV/2010: 10.079,74 Euro).
Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die angeblich nicht erbrachten Weiterbildungspunkte lägen der Beklagten aufgrund eines Bearbeitungsfehlers nicht vor bzw er habe die angeblich fehlenden Fortbildungszertifikate der Ärztekammer bereits im Original vorgelegt. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2011 zurück. Der Kläger hätte bis zum 30. Juni 2009 insgesamt mindestens 250 Fortbildungspunkte nachweisen müssen; erwiesen seien nach einem von ihm am 19. Mai 2011 eingereichten Auszug aus dem bei der Ärztekammer geführten Online-Fortbildungspunktekonto bis zum Stichtag aber lediglich 196 Punkte. Bis zum Ende des Quartals IV/2010 seien 59 weitere Fortbildungspunkte erbracht worden. Da die Honorarkürzung aber erst mit Ablauf des Quartals ende, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis geführt werde, verbleibe es auch bei der Honorarkürzung für das Quartal IV/2010.
Hiergegen hat der Kläger am 4. Januar 2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Es sei unzutreffend, dass er den ihm obliegenden Fortbildungsnachweis nicht zum Stichtag des 30. Juni 2009 erbracht habe. Hierzu hat er ein Konvolut von Fortbildungsnachweisen aus den Jahren 2000 bis 2009 vorgelegt, aus dem sich eine Fortbildungspunktzahl von 293 ergebe. Eine entsprechende Mappe habe er bereits am 19. März 2009 an die Ärztekammer in Niedersachsen übersandt, was seine Söhne bezeugen könnten. Darüber hinaus habe er am 18. März 2009 eine vollständige Aufzählung der erbrachten Fortbildungen unter Angabe der Registrierungsnummern an die Ärztekammer per E-Mail versendet. Eine Mitarbeiterin der Ärztekammer habe ihm im Jahr 2010 mitgeteilt, die Mappe sei wieder an ihn zurückgesandt worden; dies treffe aber nicht zu. Wenn die Ärztekammer die Unterlagen verlegt habe, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Denn da ein Abkommen zwischen der Ärztekammer und der Beklagten darüber bestehe, dass die Ärztekammer die Fortbildungsnachweise für die Beklagte erstelle, müsse sich die Beklagte das Versäumnis der Ärztekammer nach § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurechnen lassen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. November 2014 abgewiesen. Nach § 95d Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei nicht allein die - hier unstreitig gegebene - Erfüllung der Fortbildungspflicht bis zum 30. Juni 2009 ausreichend, sondern deren Nachweis erforderlich. Hieran fehle es, weil weder nachgewiesen sei, dass bis zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten ein den Anforderungen des § 95d Abs 1 und 2 SGB V entsprechendes Fortbildungszertifikat noch bei der Ärztekammer Niedersachsen die hierfür erforderlichen Unterlagen eingegangen seien. Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Ausdruck einer E-Mail vom 18. März 2009 nebst anhängender Liste ergebe sich nicht, dass der Ärztekammer entsprechende Teilnahmebescheinigungen übersandt worden seien.
Gegen den ihm am 2. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Dezember 2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint ergänzend, das SG hätte von Amts wegen weiter aufklären müssen, dass er die Mappe mit den For...