Rechtskraft: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitgliedschaft. freiwillige Mitgliedschaft. Ende der freiwilligen Mitgliedschaft. Beitragsrückstand. Aufrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Ihrer Pflicht zum Hinweis auf die Folgen der Nichtentrichtung von Beiträgen nach § 191 Nr. 3 SGB V genügt die Krankenkasse nur, wenn sie das Mitglied individuell und in zeitlichem Zusammenhang mit dem Zahlungsverzug auf das mögliche Ende der freiwilligen Mitgliedschaft bei Nichtentrichtung von Beiträgen aufmerksam macht. Der Hinweis muss so rechtzeitig vor dem Ende der Mitgliedschaft erfolgen, dass dem Mitglied ausreichend Zeit bleibt, die rückständigen Beiträge zu entrichten.
2. Endet die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen der Nichtentrichtung von Beiträgen (§ 191 Nr. 3 SGB V), so verhindert eine später erklärte Aufrechnung das Ende der Mitgliedschaft auch dann nicht, wenn sich Forderung und Gegenforderung bereits im Zeitpunkt des Erlöschens der Mitgliedschaft aufrechenbar gegenüber standen (Anschluss an BSG, Urteil vom 29.1.1975 – 5 RKn 50/73 – in BSGE 39, 83 zu § 314 RVO).
Normenkette
SGB V § 191 Nr. 3
Beteiligte
die Deutsche Angestellten Krankenkasse, – Hauptverwaltung –, Leistungen und Mitgliedschaft |
Verfahrensgang
SG Braunschweig (Urteil vom 15.12.2000; Aktenzeichen S 6 KR 180/00) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung seiner freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten.
Er ist als Rechtsanwalt selbständig tätig. Seit dem Jahre 1975 war er bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, zuletzt als freiwilliges Mitglied. Entsprechend seiner eigenen Angaben lagen der Beitragsbemessung für die Kranken- und Pflegeversicherung seit Herbst 1998 beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 3.410,70 DM monatlich zugrunde.
Für den Monat März 2000 kam der Kläger der Beitragszahlung nicht nach. Mit Schreiben vom 27. April 2000 wies die Beklagte auf den Beitragsrückstand hin und forderte den Kläger erfolglos auf, den Rückstand innerhalb einer Woche auszugleichen.
Nachdem der Kläger auch den Beitrag für den Monat April 2000 nicht entrichtet hatte, wies die Beklagte ihn mit Schreiben vom 29. Mai 2000, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 31. Mai 2000, darauf hin, dass die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter in der Krankenversicherung gem. § 191 Nr. 3 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Ablauf des nächsten Zahltages ende, wenn die fälligen Beiträge für zwei Monate trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet würden. Gleiches gelte für die Pflegeversicherung. Ein Kassenwechsel oder eine freiwillige Versicherung sei dann nicht mehr möglich. Die Beendigung der Mitgliedschaft könne nur vermieden werden, wenn bis zum Ablauf der letzten Zahlungsfrist der gesamte Beitragsrückstand beglichen werde. Das Schreiben enthält daneben fettgedruckt folgende Hinweise: „Ihr Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ist somit gefährdet! Letzte Zahlungsfrist und – bei Nichteinhaltung – Ende der freiwilligen Mitgliedschaft am 15.06.2000.”
Als auch innerhalb dieser Frist eine Beitragszahlung nicht erfolgte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2000 das Ende der Mitgliedschaft zum 15. Juni 2000 fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 04. Juli 2000 Widerspruch. Zur Begründung führte er an, er sei seinen Beitragspflichten stets nachgekommen. Es sei unverhältnismäßig, die Mitgliedschaft wegen eines vorübergehenden finanziellen Engpasses zu beenden, ohne zuvor auf eine Ratenzahlungsvereinbarung hinzuwirken.
Unter Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1998 beantragte der Kläger daneben mit Schreiben vom 21. August 2000 die Beiträge rückwirkend neu zu berechnen, da seine Einnahmen tatsächlich geringer gewesen seien, als zunächst angegeben. Mit dem sich bei Herabsetzung der Beiträge ergebenden Guthaben erklärte er die Aufrechnung gegenüber der Beitragsforderung. Die Beklagte verwies mit Bescheid vom 23. August 2000 darauf, dass Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises gem. § 240 Abs. 4 S 3 SGB V nur zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam werden könnten und lehnte die rückwirkende Änderung der Einstufung des Klägers ab. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 04. Juli 2000 als unbegründet zurück. Die freiwillige Mitgliedschaft sei gem. § 191 Nr. 3 SGB V wegen Beitragsrückstands kraft Gesetzes beendet worden.
Der Kläger hat am 20. November 2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und zur Begründung vorgetragen, es widerspreche dem Sozialstaatsprinzip, die Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung wegen eines Beitragsrückstands von zwei Monaten auch dann enden zu lassen, wenn das Mitglied bereit sei, die Rückstände sofort zu begleichen. Wegen der Tragweite des Ausschlusses aus d...