Entscheidungsstichwort (Thema)

Statthaftigkeit der Untätigkeitsklage

 

Orientierungssatz

1. Leistungen des SGB 2 sind regelmäßig für einen Zeitraum von 6 Monaten zu bewilligen und monatlich im voraus zu erbringen.

2. Wird eine Untätigkeitsklage vor Ablauf der 6-monatigen Sperrfrist des § 88 Abs. 1 SGG erhoben, ist sie unzulässig. Die Klage wird zulässig, wenn diese Frist während des Rechtsstreits ergebnislos verstreicht. Das Sozialgericht hat dann darüber zu entscheiden, ob ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.05.2007 aufgehoben. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens ab dem 11.05.2007 bewilligt und Rechtsanwalt Dr. T aus B beigeordnet. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

1. Die Klägerin beantragte am 24.04.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Bescheid vom 30.05.2006 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei aufgrund ihres Einkommens (§ 11 SGB II) nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Im Berechnungsbogenbescheid vom 30.05.2007 ist aufgeführt: "Die Berechnung der Leistung gilt für den Zeitraum vom 24.04.2006 bis 31.10.2006".

Den gegen den Bescheid vom 30.05.2006 gerichteten Widerspruch (vom 21.06.2006) nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2006 zurück.

2. Mit Schreiben vom 19.07.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine Überprüfung des Bescheides vom 30.05.2006.

Mit Bescheid vom 28.08.2006 setzte die Beklagte die der Klägerin zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 24.04.2006 bis 31.07.2006 neu fest. Es ergab sich ein geringfügiger Zahlungsanspruch der Klägerin für diesen Leistungszeitraum. Grund für die Neufestsetzung war, dass bei Erlass des Bescheides vom 30.05.2006 von der Beklagten übersehen worden war, den Mehrbedarf für Alleinerziehende (§ 21 Abs. 3 SGB II) zu berücksichtigen.

Auf den (nicht begründeten) Widerspruch des Prozessbevollmächtigten der Klägerin entschied die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 folgendes: "Ihrem Widerspruch vom 04.09.2006 gegen den Bescheid der ARGE P vom 28.08.2006 gebe ich statt". Die Beklagte nahm eine erneute Neufestsetzung der Leistung für den Zeitraum April bis Juli 2006 vor und errechnete höhere Leistungen für die Klägerin. Der Grund für diese Neufestsetzung war offenbar, dass die Beklagte nunmehr davon ausging, D L gehöre nicht (mehr) zur Bedarfsgemeinschaft, weil er aufgrund seiner Ausbildung auf T nicht dem Haushalt der Klägerin angehöre (vgl. S. 2 des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2006.

3. Mit Schreiben vom 16.10.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2006 gemäß § 44 SGB X. Zur Begründung führte er aus, dass die Beklagte eine Nachzahlung lediglich bis Ende Juli 2006 gewährt habe. Der Klägerin habe jedoch auch für den Monat August 2006 Anspruch auf Leistungen.

4. Am 20.10.2006 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 28.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2006. Er wies zur Begründung darauf hin, dass die Klage vorsorglich erhoben werde, weil die Beklagte über den Überprüfungsantrag vom 16.10.2006 noch nicht entschieden habe. Insofern - so der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - "mag die vorliegende Klage zugleich auch als Untätigkeitsklage mitgewertet werden" (Schriftsatz vom 19.01.2007, S. 2).

5. Mit Schriftsatz vom 08.05.2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen einer Klageerweiterung einen Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten (vom 21.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Mit Beschluss vom 22.05.2007 hat das SG den Rechtstreit insoweit abgetrennt und unter einem neuen Aktenzeichen geführt.

II.

Die Beschwerde der Klägerin, der das SG mit Beschluss vom 11.06.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet.

Prozesskostenhilfe wird nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

1. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg.

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