Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Begehrt ein im Ausland lebender Deutscher im Weg einstweiligen Rechtsschutzes Sozialhilfe, muss er glaubhaft machen, dass er sich in einer außergewöhnlichen Notlage befindet, in der die begehrte Hilfe unabweisbar ist und ihm aus den in § 24 Abs. 1 SGB 12 genannten Gründen eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist.
2. Bei der Leistungsvoraussetzung "außergewöhnliche Notlage" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, für dessen Auslegung zu berücksichtigen ist, dass der Gesetzgeber bewusst die Leistungsvoraussetzungen eingeengt hat, in dem er von dem bisher in § 119 BSHG a.F. verwendeten Begriff des besonderen Notfalls abgewichen ist. Entstehungsgeschichte und Wortlaut der Vorschrift beschränken deshalb den Leistungsanspruch darauf, dass das Leben des im Ausland befindlichen Deutschen in Gefahr ist oder dem in Not geratenen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existenzieller Rechtsgüter droht (vgl. zu alledem bereits den Beschluss des Senats vom 06. Februar 2006, L 20 B 50/05 SO ER).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 25.08.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist ein 1957 in C geborener deutscher Staatsangehöriger, der seinen ständigen Wohnsitz in N (Nicaragua) hat.
Am 24.8.2005 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (XII). Er gab an, eine Rückkehr nach Deutschland sei nicht möglich, weil er sich um seinen 1993 geborenen Sohn, der die nicaraguanische Staatsangehörigkeit besitze, kümmern müsse.
Seine Mutter habe ihn monatlich zumeist mit 150 EUR unterstützt, sei jetzt aber auf den Rollstuhl angewiesen. Als Englischlehrer habe er etwa 100 EUR monatlich verdient. Seine Lebensgefährtin mit einem Verdienst von monatlich etwa 100 EUR lebe getrennt von ihm. Für die Unterkunft müsse er 100 US-Dollar monatlich zahlen.
Er habe am 19.08.2005 vor den nicaraguanischen Behörden die Vaterschaft anerkannt. Eine entsprechende urkundliche Bestätigung hat er vorgelegt.
Die Mutter seines Sohnes, mit der er nicht verheiratet sei, lebe von ihm getrennt. Sie würden noch bis Januar 2006 gemeinsam eine Wohnung nutzen. Sie stimme jedoch der Ausreise seines Sohnes, des Antragstellers zu 2., nicht zu. Hierzu legte der Antragsteller zu 1. eine von einem nicaraguanischen Notar beglaubigte Erklärung der Kindesmutter, angabegemäß von Beruf Therapeutin, vom 29.08.2005 vor, nach deren Inhalt sie befürchte, der Antragsteller wolle ihr den gemeinsamen Sohn wegnehmen. Sie beantrage daher die Verhängung einer Ausreisesperre.
Mit Bescheid vom 23.09.2005 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII ab. Es bestünden Zweifel an der Wirksamkeit der nicaraguanischen Vaterschaftsanerkennung für den deutschen Rechtsbereich. Erst im Rahmen des Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens werde die Abstammung des Kindes überprüft. Es falle auf, dass er sein vermeintliches Kind erst unmittelbar vor der Sozialhilfeantragstellung offiziell anerkannt habe. Nach Kenntnis der Botschaft liege eine grundsätzliche nur durch richterliche Verfügung auszusprechende Ausreisesperre bisher nicht vor. Es sei keine konkrete Aussage der Kindesmutter vorgelegt worden, nach der diese ihre Zustimmung zur Erteilung einer Ausreiseerlaubnis nicht abgeben werde. Im Übrigen lägen keine Informationen darüber vor, wer das Sorgerecht für das Kind besitze. Sofern die Kindesmutter das Sorgerecht habe, wäre ggf. eine alleinige Ausreise des Antragstellers nach Deutschland zu prüfen. Schließlich könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich in einer außergewöhnlichen Notlage befinde. Er habe aber nicht dargelegt, wovon er derzeit in seinen Lebensunterhalt bestreite. Er sei grundsätzlich verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es seien auch keine Nachweise vorgelegt worden, da seine Mutter ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr unterstützen könne. Er sei grundsätzlich auch verpflichtet, vor Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zunächst etwaige Unterhaltszahlungen durch unterhaltspflichtige Angehörige zu verfolgen.
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 20.10.2005 führte der Antragsteller aus, es gebe keinen Streit um das Sorgerecht. Die Eltern seien sich einig, dass sein Sohn bei ihm wohne, solange er Mutter und Großeltern zu Geburtstagen und sonstigen Feiertagen besuchen könne. Die Mutter seines Sohnes wolle dessen Ausreise verhindern. Er befinde sich in einer außergewöhnlichen Notlage. Seine Mutter, die über ein bescheidenes Einkommen verfüge, könne ihn nicht weiter unterstützen, da sie ihre Einkünfte wegen ihrer Erkrankung selbst brauche. Er selbst sei trotz Behandlungsbedürftigkeit ohne mediz...