Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der Höhe der Vergütung für ein medizinisches Sachverständigengutachten

 

Orientierungssatz

1. Nach den §§ 9 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 1 S. 1 JVEG richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Maßgeblich ist eine objektive Betrachtung für einen Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung zur Gutachtenerstellung.

2. Entscheidend ist der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall.

3. Die Höhe der Vergütung des Sachverständigen ist abhängig vom konkreten Zeit- und Arbeitsaufwand.

 

Tenor

Auf die Anschlussbeschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.06.2019 geändert und die Vergütung des Sachverständigen für das unter dem 17.07.2017 erstattete Gutachten auf 2.121,05 Euro festgesetzt. Die Beschwerde des Sachverständigen wird zurückgewiesen. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Senat entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache in voller Besetzung ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 4 Abs. 7 Satz 1 bis 3 JVEG).

Die in Anbetracht der begehrten Heraufsetzung der Vergütung um 2.142,- Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Sachverständigen, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Die zulässige (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, 27. Aufl. 2018, § 4 Rn. 14 m.N.), ebenfalls wegen der begehrten Herabsetzung der Vergütung um 476,01 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und mangels gesetzlicher Anordnung weder einer Frist noch der Abhilfe durch das erstinstanzliche Gericht unterliegende Anschlussbeschwerde der Staatskasse ist demgegenüber begründet. Das Sozialgericht hat die dem Sachverständigen für die Erstattung seines Gutachtens vom 17.07.2017 zustehende Vergütung zu Unrecht auf 2.597,06 Euro festgesetzt. Vielmehr steht dem Sachverständigen nur eine Vergütung von 2.121,05 Euro zu.

1. Für die gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) nach Zeitaufwand zu bemessende Vergütung sind lediglich 1.650,- Euro anzusetzen. Der Ansatz der Honorargruppe M3 im Sinne der Anlage 1 zum JVEG (100,- Euro pro Stunde) ist dabei zwischen den Beteiligten unstreitig und auch in der Sache nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen und auch des Sozialgerichts ist jedoch lediglich ein Zeitaufwand von 16,5 Stunden als erforderlich anzusehen.

Nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 JVEG richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wie viel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und die Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, statt vieler Beschluss vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 28 m.w.N.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie des zuvor für Vergütungsansprüche von Sachverständigen zuständigen 4. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gliedert sich die Erstellung eines Gutachtens zur Gewährleistung eines objektiven Maßstabs hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwandes in vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.):

1. Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,

2. Zeitaufwand für Untersuchung und Anamnese,

3. Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung,

4. Zeitaufwand für Diktate und Durchsicht.

Ausgehend von dieser eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleistenden und im Hinblick auf die Anforderungen an ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten (vgl. hierzu z.B. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.04.2008 - L 1 B 89/08 SK -, juris Rn. 4; Giesbert, in jurisPK-SGG, § 128 Rn. 55) sachgerechten Strukturierung lässt sich unter Zugrundelegung des Vortrags des Sachverständigen ein Zeitaufwand von mehr als 16,5 Stunden nicht begründen.

a) Für die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten", hier ausnahmsweise Literaturstudium und "Diktat und Durchsicht" ist entgegen der Auffassung des Sozialg...

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