Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung des Befangenheitsantrags gegen einen Richter wegen Missbrauch des Ablehnungsrechts
Orientierungssatz
1. Die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch trifft grundsätzlich das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Beteiligung. Anderes gilt jedoch, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt.
2. Stellt sich ein Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts dar, weil er offensichtlich ungeeignet ist, eine Befangenheit darzulegen, so ist er zu verwerfen; hierzu zählen u. a. querulatorische Richterablehnungen.
3. Die Frage, ob ein als befangen abgelehnter Richter nach der ohne seine Mitwirkung erfolgten Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs in einem hierauf bezogenen Anhörungsrügeverfahren mitwirken darf, ist umstritten. Nach der Rechtsprechung des BGH darf ein Richter grundsätzlich nicht vor rechtskräftiger Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs tätig werden.
4. Eine nach § 178 a SGG erhobene Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen, wenn in ihrer Begründung nicht schlüssig ausgeführt ist, inwiefern der behauptete Verstoß des Gerichts sich auf dessen Entscheidung ausgewirkt haben kann, der Anhörungsfehler für die Entscheidung also rechtlich kausal gewesen sein soll.
Tenor
Der Antrag auf Ablehnung von Vorsitzendem Richter am LSG G wird verworfen. Die Anhörungsrüge wird verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
Gründe
I.
Der Senat entscheidet in der Besetzung des Beschlusses vom 01.09.2014. Zwar trifft die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich das Gericht, dem die oder der abgelehnte Richterin oder Richter angehört, ohne deren bzw. dessen Beteiligung (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Anderes gilt jedoch, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt, wovon auszugehen ist, wenn ein die Annahme der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigender Grund weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, sondern das Vorbringen des Klägers keinen Bezug zu der jeweiligen Person der abgelehnten Richterin oder des abgelehnten Richters aufweist und von vornherein ungeeignet ist, das Misstrauen in die Unparteilichkeit der jeweiligen Richterin oder des jeweiligen Richters zu rechtfertigen (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.01.2004 - 4 PKH 5.03 -; Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 25.09.2014 - 23 A 13.1623 -). Eine vernünftige Rechtsauffassung erlaubt und verlangt ggf. zur Ressourcenschonung, dass querulatorisch einzuordnende Eingaben nach einer vorherigen sachlichen Bescheidung und einer entsprechenden Ankündigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs unbeachtet bleiben (Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 05.09.2013 - 6 SchH 267/13 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Auflage, 2012, Einl III Rdn. 66).
Der Ablehnungsantrag vom 19.09.2014 ist nach diesen Maßstäben zu verwerfen. Er ist offensichtlich ungeeignet, eine Befangenheit darzulegen. Er ist auch deswegen missbräuchlich, weil eine querulatorisch getragene Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte wiederholt wird (hierzu BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B -; Senat, Beschluss vom 24.10.2011 - L 11 SF 329/11 AB -).
Das Vorbringen des Klägers, der Beschluss vom 01.09.2014, mit dem der Senat das Ablehnungsgesuch gegen Richter am LSG X. abgelehnt hat, bestehe nur aus "nichtssagenden Floskeln", ist schon im Ansatz untauglich, ein Ablehnungsgesuch zu begründen. Mit einem solchen Vorbringen kann offenkundig nicht glaubhaft gemacht werden (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO), dass der nunmehr abgelehnte Senatsvorsitzende befangen ist. Soweit der Kläger moniert, der abgelehnte Richter müsse sich in seiner zur dienstlichen Stellungnahme zum Ablehnungssachverhalt äußern, trifft auch dies aus Rechtsgründen offenkundig nicht zu. Es bedurfte keiner weitergehenden dienstlichen Stellungnahme des seinerzeit abgelehnten Richters. § 44 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich äußert. Der Umfang der dienstlichen Äußerung steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Er kann zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung nehmen, soweit ihm das notwendig und zweckmäßig erscheint. Inhalt und Umfang der dienstlichen Äußerung sollen sich nach dem jeweils geltend gemachten Ablehnungsgrund richten. Steht - wie hier - der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche Sachverhalt unstreitig fest, bedarf es jedenfalls keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung (Senat, Beschlüsse vom 22.10.2012 - L 11 AS 1240/12 B -, 11.01.2010 - L 11 AR 98/09 AB - und 19.07.2010 - L 11 SF 198/10 AB -; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26.09.2001 - L 4 B 202/01 KR - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2006 - L 10 AR 79/06 AB -).
Soweit der Kläger sich auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2010 (L 11...