Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Prozesskostenhilfe ist bei Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Antragstellers nach § 73a SGG zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

2. Sind in einem Rechtstreit über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Zusammenhang mit der Verwertungspflicht vorhandenen Vermögens komplexe tatsächliche und rechtliche Fragen zu stellen und zu beantworten, so ist bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 04.01.2021 geändert. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt D K, Köln, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Köln, das die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf Aufhebung einer endgültigen Leistungsfestsetzung und Erstattung gerichtete Klage abgelehnt hat.

Der 1974 geborene Kläger lebte bis 2014 mit seiner Partnerin und drei gemeinsamen Kindern in einer Eigentumswohnung in der X-Straße 6, Köln, die jeweils zur Hälfte ihm und seiner früheren Partnerin gehörte. Nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin beantragte der Kläger im August 2014 erstmalig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Das hälftige Eigentum an der Wohnung gab der Kläger an. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst darlehens- und später zuschussweise Leistungen, weil er davon ausging, dass das Vermögen des Klägers angesichts einer Gesamtgrundschuld von 193.500 EUR nicht die Freibetragsgrenzen überstieg.

Am 19.07.2018 beantragte der Kläger Leistungen ab September 2018. Er gab erneut das Teileigentum an seiner Eigentumswohnung an. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 27.08.2018 Leistungen für September 2018 bis August 2019 iHv monatlich 1.174,27 EUR.

Im Oktober 2018 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung im Sicherheitsgewerbe auf. Aufgrund des voraussichtlich schwankenden Einkommens hob der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 12.11.2018 den Leistungsbescheid vom 27.08.2018 ab Dezember 2018 auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 12.11.2018 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 24.11.2018 und 06.06.2019 auf vorläufiger Basis Leistungen für Dezember 2018 iHv 1.054,27 EUR, für Januar bis April 2019 iHv monatlich 1.062,45 EUR (Regel- und Mehrbedarfsanpassung zum 01.01.2019) und für Mai 2019 iHv 1.429,27 EUR (inklusive Heizkostennachzahlung iHv 366,82 EUR).

Mit notariellem Vertrag vom 19.12.2018 übereignete der Kläger seinen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung an seine frühere Partnerin für 100.000 EUR, "jederzeit zahlbar, jedoch fällig am 31.03.2019". Die frühere Partnerin übernahm im Innenverhältnis die Grundschulden und alle auf diesen Grundschulden valutierenden Verbindlichkeiten und überwies das Auseinandersetzungsguthaben von 100.000 EUR am 14.03.2019 auf ein vom Antragsteller am 17.12.2018 eröffnetes Konto bei der Fidor-Bank. Von dem Fidor-Bankkonto sowie dem Zufluss der 100.000 EUR unterrichtete der Kläger den Beklagten nicht. Das Konto wurde nach sukzessiver Abbuchung auch größerer Summen ohne Restguthaben am 02.03.2020 geschlossen.

Mit Schreiben vom 13.06.2019 wurde das geringfügige Beschäftigungsverhältnis des Klägers zum 30.06.2019 gekündigt. Zum Zwecke der abschließenden Leistungsfestsetzung forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 28.08.2019 auf, u.a. seine Lohnabrechnungen vorzulegen. Er belehrte den Kläger darüber, dass bei mangelnder Mitwirkung eine Nullfestsetzung und vollständige Erstattungspflicht in Betracht komme. Mit Schreiben vom 27.11.2019 erinnerte der Beklagte an sein Mitwirkungsschreiben vom 28.08.2019. Der Kläger legte seine Lohnabrechnungen nicht vor.

Mit Bescheid vom 30.12.2019 setzte der Beklagte die Leistungen des Klägers für Dezember 2018 bis Mai 2019 mit monatlich 0 EUR endgültig fest. Mit gesondertem Erstattungsbescheid vom 30.12.2019 forderte der Beklagte vom Kläger die in Dezember 2018 bis Mai 2019 erbrachten Leistungen iHv (1.054,27 EUR + (4 x 1062,45 EUR) +1.429,27 EUR =) 6.733,34 EUR zurück.

Der Kläger überreichte dem Beklagten am 23.01.2020 eine Lohnabrechnung für September 2018, eine Einkommensbescheinigung vom 16.11.2018, die Einkünfte von jeweils 153,90 EUR im September und Oktober 2018 auswies sowie das Kündigungsschreibens des Arbeitgebers vom 13.06.2019. Der Kläger legte am 03.02.2020 gegen "die Rückforderung" Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung verwies der Beklagte auf die Tatbestandswirkung der endgültigen Leistungsfestsetzung.

Hiergegen hat der Kläger am 23.07.2020 Klage bei dem Sozialgericht Kö...

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